Meinungsforscher prophezeit für den Herbst einen “sozialen Tsunami”
Archivmeldung vom 29.08.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićIn Zeiten wie diesen, in denen die Inflation galoppiert, wird eine 5,8 prozentige Erhöhung der Pensionen für Ruheständler nicht reichen, weil die Masse dieser Bevölkerungsgruppe keine Luxusrentenbezieher sind. Daher wird seit heute (25. August) um eine Aufstockung der regulären Pensionsanpassung gefeilscht, was sich noch bis zum Spätherbst hinziehen könnte. Dies berichtet das Magazin "Wochenblick.at".
Weiter berichtet das Magazin: "Schnelligkeit darf man bei dieser Verhandlung nicht erwarten, wie die
Erfahrung zeigt. Dabei sind die Einmalzahlungen zur Abfederung der
Teuerung noch lange nicht bei allen angekommen, was vor allem das untere
Einkommensdrittel in diesem Land vor enorme Herausforderungen stellt.
Nicht nur für Oberösterreicher, die in diesen Tagen nicht auf Erspartes
zurückgreifen können, sei der Zeitfaktor daher entscheidend, betont
Christine Mayrhuber vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo).
Das gilt im Übrigen nicht nur für die Pensionisten. Das, was wir bis vor wenigen Monaten noch an Rücklagen bilden konnten, geht aktuell für das normale Leben drauf, klagt der zweifache Familienvater Benjamin S. aus Steyr. Auch anderen stünde das Wasser bis zum Hals. Ratschlag des amtierenden Bundespräsidenten: Zähne zusammenbeißen!
Ansturm auf Schuldnerberatung
Für die Regierung wäre es jedoch höchste Zeit zu handeln. Das meint auch eine Linzer Mindestrentenbezieherin, die – nachdem sie schon lang an der Armutsgrenze dahinschrammte – vor Kurzem Privatkonkurs angemeldet hat. Damit ist sie in Oberösterreich in bester Gesellschaft, denn durch die Mehrausgaben für Miete, Strom oder Sprit geraten immer mehr Bewohner im Land zwischen Inn und Enns in die Schuldenfalle – auch Beschäftigte. Heuer hat es im ersten Halbjahr schon um 16 Prozent mehr an Erstkontakten gegeben als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, meldet die oberösterreichische Schuldnerberatung und mittlerweile würden schon drei Viertel aller Österreicher die Teuerungen spüren, ermittelte der Linzer Meinungsforscher Werner Beutelmeyer. Von diesen 75 Prozent geben 43 Prozent an, dass ihnen die Preisanstiege schon “sehr weh tun.”
Rentner erbost
“Ich kann mir nur noch das Notwendigste leisten”, klagen viele Oberösterreicher unisono gegenüber dem Wochenblick. Des einen Leid ist jedoch des anderen Freud: “Ich und meine Bekannten können sich noch fast alles leisten”, schreibt Ernst P. und findet: “Die Leute sind auch schon sehr verwöhnt und es hat eh schon jeder fast alles. Dass es einigen schlecht geht, mag sicher stimmen, aber dem Großteil der Bevölkerung geht es noch immer sehr gut.” Ist das wirklich so? Die aus Walding stammende Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) glaubt es offenbar auch und hat dabei die Pensionsbezieher im Auge, denen sie auch in dieser Zeit nur eine 5,8-prozentige Rentenanpassung gönnt. “Wir können nicht ständig mehr ausgeben, als wir haben und ständig über unsere Verhältnisse leben”, argumentiert sie und sorgt damit in den Kreisen von Mindestrentnern für Aufruhr.
Empörung über ÖVP-Plakolm
“Mit vollen Hosen lässt sich gut stinken und stänkern”, hieß es in der Runde. Denn mit dieser Äußerung hat Plakolm jene Generation vor den Kopf gestoßen, die ein Leben lang brav gearbeitet und eingezahlt hat, während Flüchtlinge und Asylwerber auch ohne Vorleistungen Geld kassieren dürfen, wie sich eine ältere Frau aus Wels empört. Angesichts dieser Tatsache klingt auch der Plakolm-Sager, dass “nicht jede und jeder mehr Geld vom Staat bekommen könne” wie ein Hohn, zumal die Jugendstaatssekretärin selbst monatlich an die 15.000 Euro einstreife. “Die kann sich doch überhaupt nicht vorstellen, wie es in unseren Geldbörseln aussieht”, erregt sich die Rentnerin aus der Messestadt.
6,8 Prozent sind zu wenig
Für sie und ihresgleichen, die Gruppe der Mindestpensionsbezieher sei eine 5,8-prozentige Pensionserhöhung sicher zu wenig, befindet Christine Mayrhuber vom Wifo. Denn je geringer das Einkommen, desto größer sei der Anteil, der für die Grundbedürfnisse Wohnen, Heizen und Essen aufgewendet werden müsse. Und dieser Anteil wird zusehends größer. Heute zahlen wir für den Einkauf fast um 20 Prozent mehr als noch vor einem Jahr, errechnete die Statistik Austria und für Familien, das wiederum errechnete die Arbeiterkammer Oberösterreich, seien die jährlichen Fixkosten um 1.830 Euro gestiegen. Das bedeutet: In jeder Familie geht ein durchschnittlicher Monatslohn als Inflationsausgleich drauf.
Inflation geht weiter
Zuletzt ist die Inflationsrate (Stand Juli) auf 9,3 Prozent gestiegen und wenn es so weitergeht, was Experten befürchten, wird diese Rate bald zweistellig sein. Mit September, unkt Wifo-Ökonom Josef Baumgartner, werde die Teuerung die Zehn-Prozentmarke wohl übersprungen haben.
Doch die Regierung zaudere und zögere mit Gegenmaßnahmen, konstatiert Werner Beutelmeyer und befürchtet, dass die dadurch erzeugte zwischenmenschliche “Kältefront im Herbst ein massives Unwetter bringen wird”. Wenn das so weitergeht, werden wir – seinen Worten zufolge – einen Sozial-Tsunami erleben, der sich gewaschen hat."
Quelle: Wochenblick