Geld ist für die Deutschen ein Tabuthema
Archivmeldung vom 31.03.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittÜber Arbeit, Politik oder Sex reden die Deutschen häufig - aber kaum über Geld. Gerade einmal vier Prozent der Bevölkerung sprechen mit Freunden oder Kollegen über ihre Finanzen. Damit ist Geld weitaus seltener Gesprächsthema als etwa die Arbeit (46 Prozent), politische Überzeugungen (20 Prozent) oder das Liebesleben (8 Prozent).
Das geht aus der comdirect Studie "Kunden-Motive 2009 - Tabuthema Geld: Einstellungen, Verhalten und Wissen der Deutschen" hervor. Für die repräsentative Untersuchung hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa 1.060 Personen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren befragt.
Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie: Nur gut die Hälfte der Bevölkerung (52 Prozent) schätzt ihre Finanzkenntnisse als sehr gut oder eher gut ein. Mehr als ein Viertel der Deutschen muss sogar bei wirtschaftlichen Grundbegriffen passen, die Bedeutung der Begriffe Rezession (29 Prozent) oder Inflation (26 Prozent) ist vielen unbekannt. So hatten denn auch fast drei Viertel der Befragten (73 Prozent) schon einmal Probleme, in einem Gespräch mit einem Finanzberater alles zu verstehen - und knapp jeder Dritte davon (29 Prozent) traute sich nicht, gezielt nachzufragen. "Unsere Studie zeigt deutlich: Wir müssen mehr über Geld und Altersvorsorge reden - und zwar schon im Elternhaus, in der Schule, in der Ausbildung. Es kann nicht sein, dass ein großer Teil der Deutschen keine Ahnung hat von fundamentalen wirtschaftlichen Zusammenhängen und ihrer eigenen finanziellen Zukunft", sagt Michael Mandel, Vorstandsvorsitzender der comdirect bank.
Offen über Geld sprechen die Deutschen meist nur mit engen Vertrauten; 97 Prozent kennen in etwa die Höhe des Gehalts ihres Lebenspartners. Dementsprechend genießt der Lebenspartner auch das höchste Vertrauen bei Finanzfragen (90 Prozent), professionellen Finanzberatern hingegen vertraut nur jeder Zweite (52 Prozent). Trotz des großen Vertrauens zum Lebenspartner - Kontrolle scheint etlichen Deutschen in Sachen Geld wichtig zu sein. Immerhin jeder Sechste (16 Prozent) gibt zu, schon einmal heimlich die Ausgaben des Partners kontrolliert zu haben. Auch hört beim Thema Geld für viele Deutsche die Freundschaft auf: 30 Prozent der Bevölkerung verleihen grundsätzlich kein Geld, auch nicht an Freunde. 60 Prozent sind bereit, in schwierigen Situationen zu helfen - 84 Prozent davon verknüpfen damit aber konkrete Bedingungen. Geld gibt es für eine Arztrechnung (80 Prozent) oder die Kosten eines Rechtsstreits (57 Prozent). Wer Spielschulden begleichen muss oder an eine Schönheits-OP denkt, bekommt dafür nur selten Geld geliehen (8 bzw. 4 Prozent).
Die comdirect Studie gibt auch Antworten auf die Frage, wie die Deutschen mit den Folgen der Finanzkrise umgehen: Zwar sind etliche der Befragten verärgert (51 Prozent) oder verunsichert (38 Prozent), und fast drei Viertel (71 Prozent) haben zumindest teilweise das Vertrauen in das Wirtschafts- und Finanzsystem verloren. Aber nur jeder Fünfte (21 Prozent) gibt an, Konsequenzen gezogen zu haben - die meisten davon sind sparsamer (32 Prozent) oder vorsichtiger (28 Prozent) geworden.
"Die Ergebnisse unserer Studie sehe ich auch als klaren Auftrag an die Finanzbranche: Wir müssen den Menschen helfen, sich in einer komplexen Welt mit komplexen und weit reichenden finanziellen Fragestellungen zurechtzufinden. Dieser Auftrag gilt nun umso mehr, da viele Menschen von der Finanzkrise verängstigt und genervt sind", sagt Michael Mandel.
Quelle: comdirect bank AG