Hinweise auf Bilanztricks bei Krankenkassen
Archivmeldung vom 24.05.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.05.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Michael DahlkeMedienberichten zufolge ist die Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung schlechter als bisher angenommen. Dem widerspricht das Gesundheitsministerium. Die Darstellung sei ein Wahlkampfmanöver. Die WirtschaftsWoche, berichtet
HB BERLIN. Mit einem Buchungstrick sollen die Versicherer ihre Bilanzen des vergangenen Jahres um mindestens 500 Millionen Euro geschönt haben. Das berichtet das Magazin „Der Spiegel“ und bezieht sich dabei auf einen Brief der Siemens Betriebskrankenkasse an das Bundesgesundheitsministerium.
Aus dem Schreiben gehe hervor, dass die Kassen einen Teil ihrer Kosten aus 2004 bei der Buchung ins neue Jahr verschoben hätten. So seien Kosten für Patienten, die bereits im alten Jahr in ein Krankenhaus eingeliefert, aber erst nach Jahreswechsel entlassen worden seien, nicht anteilig für 2004 berechnet, sondern vollständig 2005 zugeordnet worden.
Dies sei ein eklatanter Verstoß gegen die Bilanzierungsregeln, der zudem das laufende Geschäftsjahr belaste: „Es besteht die Gefahr, dass finanzielle Spielräume vorgetäuscht werden, die in Wirklichkeit nicht bestehen“, zitiert der „Spiegel“ in einer Vorabmeldung aus dem zweiseitigen Schreiben.
Der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums, Klaus Vater, bestätigte gegenüber der Netzeitung, dass es den Hinweis der Siemens Betriebskrankenkasse auf mögliche Verstöße gegen Bilanzierungsregeln gebe. Nicht bestätigen konnte er dagegen die genannte Summe von 500 Millionen Euro.
Dabei handle es sich um eine Hochrechnung, so der Sprecher. In welchem Umfang Kosten insgesamt verschoben worden seien, «weiß niemand». Es sei Aufgabe der zuständigen Länderaufsichten beziehungsweise des Bundesversicherungsamtes, zu prüfen, ob es bei den einzelnen Kassen Verstöße gegen Bilanz-Vorschriften gegeben habe.
Vater widersprach darüber hinaus einem Bericht der «Frankfurter Allgemeine Zeitung», wonach sich die wirtschaftliche Lage der gesetzlichen Krankenkassen verschlechtert habe. Die Krankenkassen seien nicht in einer schwierigen Situation. Der Überschuss der Kassen von vier Milliarden Euro am Ende des vergangenen Jahres «ist noch da». Das Geld sei teilweise für die Deckung von Schulden verwendet worden und werde teilweise eingesetzt, um die Beitragssätze zu senken.
Belastbare Zahlen über die Entwicklung gebe es erst im Juni. Dann will das Gesundheitsministerium die neuen Quartalszahlen vorlegen. Der Bericht der Zeitung gründe «auf unsicherem Boden». «Die Umfrage ist ein Wahlkampfmanöver», so der Ministeriumssprecher.
Unter Berufung auf eine eigene Umfrage unter großen Orts- und Ersatzkassen berichtete die FAZ, dass viele Krankenkassen das erste Quartal 2005 mit einem Verlust oder deutlich niedrigeren Überschüssen als im Vorjahr abgeschlossen hätten. Alle befragten Kassen würden schlechtere Ergebnisse als im Vorjahr ausweisen, teilweise seien zweistellige Millionendefizite genannt worden.
Beitragssatzsenkungen seien – abgesehen von der zur Jahresmitte geplanten Umfinanzierung von 0,9 Prozent zu Gunsten der Arbeitgeber - kaum zu erwarten, hieß es laut „FAZ“ übereinstimmend bei den Krankenkassen. Im ersten Quartal des vergangenen Jahres hatten die Kassen einen Überschuss von knapp einer Milliarde Euro ausgewiesen.
Wie die Zeitung weiter schreibt, rechnen CDU/CSU für 2005 sogar mit leicht steigenden Beitragssätzen. Diese dürften wieder auf Werte um 14,3 Prozent steigen, mutmaßte ihr Sozialpolitiker Andreas Storm. Wie die Rentenversicherung leide die Krankenversicherung unter der hohen Arbeitslosigkeit und der schlechten Wirtschaftslage, sagte er der Zeitung.
Quelle: http://www.wiwo.de