Wir sind Kirche: „Die katholische Kirche ist im Stresstest erneut durchgefallen.“
Archivmeldung vom 22.12.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt„Die römisch-katholische Kirche ist im Stresstest der Glaubwürdigkeit erneut durchgefallen,“ erklärt die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche rückblickend auf das Jahr 2011. Die erschreckenden Ergebnisse der jetzt veröffentlichen Sinus-Studie zeigen deutlich: Selbst der aufwändig inszenierte Papstbesuch im September dieses Jahres hat die dramatische Kirchenaustrittswelle des letzten Jahres mit über 181.000 Austritten allein aus der römisch-katholischen Kirche nicht stoppen können. Die Repräsentativuntersuchung des Sinus-Instituts kurz nach dem Papstbesuch ergab, dass eine Million Mitglieder die Kirchen verlassen wollen und sogar fünfeinhalb Millionen Menschen darüber nachdenken.
Als wichtigste Ursachen für die gegenwärtige Austrittswelle aus der Kirchensteuergemeinschaft sieht die katholische Reformbewegung Wir sind Kirche die weiterhin massiven Zusammenlegungen und Schließungen von Kirchengemeinden, eine „Flächensanierung“ gegen den Willen der Gläubigen, sowie den bisherigen Verlauf des sogenannten „Dialogprozesses“, den die Bischöfe auf dem Höhepunkt der Missbrauchskrise im Herbst 2010 ankündigten, dann aber sehr schnell zu einem unverbindlichen Gesprächsprozess zurückgestuft haben. Diesen Gesprächsprozess hatte Wir sind Kirche bereits im Sommer 2011 zum „Stresstest“, dem Wort des Jahres 2011, erklärt.
Die besonders vielen neuen Initiativen im In- und Ausland in dem jetzt zu Ende gehenden Jahr – beispielsweise das Memorandum der TheologieprofessorInnen vom Februar 2011 oder der Aufruf der Pfarrer-Initiative in Österreich vom Juni 2011 – zeigen: Wenn Rom die Bischöfe daran hindert, plausible Antworten auf die drängenden pastoralen Probleme zu geben, übernimmt die Kirchenbasis zu Recht und mit gutem Gewissen selber Verantwortung für ihr Handeln. Nicht der „Ungehorsam“ der Kirchenbasis, sondern die verantwortungslose Untätigkeit der Kirchenleitung und von Bischöfen, die sich ohne jede Mitwirkung der Gläubigen ihre Ämter angeeignet haben, ist der eigentliche Skandal.
Dass die Zahl der Austrittsentschlossenen laut aktueller Sinus-Studie bei den evangelischen Christen noch höher ist als bei den Katholiken, darf kein Anlass zur Überheblichkeit oder weiteren Abgrenzung sein. Der Vatikan muss sich fragen lassen, warum er seine gewachsenen Vorteile so leichtsinnig verspielt. Beide großen Kirchen müssen sich endlich gemeinsam überlegen, wie sie wieder Kontakt erhalten zu den Menschen in ihren sehr unterschiedlichen Lebenssituationen und mit ihren differenzierten sozialen wie religiösen Bedürfnissen. Wie können die Kirchen in ökumenischer Gemeinschaft als „hörende Kirche“ den Menschen wieder Heimat geben? Das wäre eine christliche Botschaft von Solidarität und Teilhabe, die gerade nicht dem Zeitgeist folgt. Dazu hat die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche vor kurzem die Internetplattform www.vision-glauben-2020.de gestartet.
Quelle: Wir sind Kirche