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Contergannetzwerk Deutschland e.V. legt Gutachten mit dem Nachweis vor, dass die Conterganopfer ein Recht zu mehr Mitbestimmung haben

Archivmeldung vom 08.09.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.09.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Nebenwirkungen von Contergan: Bei Tierversuchen positiv getestet... (Symbolbild)
Nebenwirkungen von Contergan: Bei Tierversuchen positiv getestet... (Symbolbild)

Bild: Arzte Gegen Tierversuche in Germany

Das Contergannetzwerk Deutschland e.V. fordert für die Conterganopfer endlich eine Behandlung "auf Augenhöhe" und untermauert diesen Anspruch mit dem von ihm heute vorgelegten Gutachten.

Hiermit wird nachgewiesen, dass die Contergangeschädigten an der für die Auszahlung der Conterganrenten zuständigen Conterganstiftung für behinderte Menschen alles andere als ausreichend beteiligt werden.

Hierzu führt der Vorsitzende des Contergannetzwerkes Deutschland e.V. und zugleich gewählter Betroffenenvertreter im Stiftungsrat der Conterganstiftung aus, Christian Stürmer aus: "Wir Betroffenenvertreter sitzen im Stiftungsrat drei Ministerialbeamten gegenüber und sind damit strukturell komplett unterlegen." und führt aus: "Jahrzehntelang wird unrichtigerweise durch den Staat behauptet, man müsse uns Conterganbetroffene in der Conterganstiftung deshalb nicht mehr Rechte geben, weil kaum etwas in die Stiftung bei deren Gründung eingebracht hätten." Stürmer weiter: "Mit dem Errichtungsgesetz der Stiftung sind wir quasi enteignet worden, indem dies anordnete, dass sämtliche Ansprüche der Conterganopfer gegen die Schädigungsfirma Grünenthal, deren Eigentümer und Angestellten erlöschen." Bei den weltweit rd. 10.000, mit schweren Schädigungen geborenen Conterganopfern wurden der Firma Grünenthal dadurch mehrere Milliarden Euro an Schadensersatzansprüchen erspart. Dazu Stürmer: "Diese Ansprüche sind weg! Wenn der Staat uns zugunsten von Grünenthal enteignet und eine Stiftung gründet, um die Geschädigten zu versorgen, so müssen die Strukturen so gelegt sein, dass wir auch auf `Augenhöhe` behandelt werden."

So behauptet das für die Stiftung zuständige Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend in seinem Evaluierungsbericht über die Stiftung, dass die Conterganbetroffenen deshalb keine "Mitstifter" seien, weil die Geschädigten zu dem Zeitpunkt, als die Stiftung errichtet wurde, durch einen "Vergleich" den die Eltern der Geschädigten mit der Firma Grünenthal angeblich geschlossen haben sollen, bereits auf alle Schadensersatzforderungen bezüglich der Conterganschäden verzichtet hätten. Deshalb seien die Conterganopfer sozusagen mit Nichts das Stiftungsgeschehen gekommen, weshalb sie auch nicht als "Mitstifter" gelten und darum auch keine besonderen Beteiligungsrechte beanspruchen könnten.

Der Vorsitzende Stürmer: "Und genau `diesen Zahn` ziehen wir! Seit Jahren wird sowas behauptet, um uns klein zu halten. Es gibt gar keinen Vergleich!" Genau das wird mit dem jetzt vorgelegten Gutachten, unter Vorlage entsprechender Urkunden, nachgewiesen.

Zwar hat ein damaliger Verband von Eltern contergangeschädigter Kinder zwei Anwälte mit einer gemeinsamen Interessenwahrnehmung beauftragt. Allerdings wurden diese Anwälte schriftlich verpflichtet, nur gemeinsam zu handeln. Zudem war geregelt, dass, wenn Verträge geschlossen werden, dies nur mit der ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung der Eltern geschehen darf. Dazu Christian Stürmer: "Das Ganze ist eine riesige Mogelpackung! Trotz dieser Regelungen schloss dann ein einzelner der beiden Anwälte alleine, nicht etwa für oder im Namen der Geschädigten, sondern im eigenen Namen, einen `Vertrag` mit Grünenthal." "Da der Anwalt nur alleine handelte und zudem nicht alle Eltern der Geschädigten zustimmten, ist der Vertrag natürlich unwirksam, abgesehen davon wäre er auch wegen Sittenwidrigkeit nichtig gewesen", so Stürmer.

Allen damals Beteiligten war natürlich klar, dass hierdurch die Ansprüche der Geschädigten nicht zu eliminieren sind, weshalb man kurzerhand diese Enteignung in das Errichtungsgesetz der Stiftung hineinschrieb. Da jetzt beweisen ist, dass den Conterganopfern alleine durch die Enteignung die Milliarden Euro an Schadensersatzansprüchen genommen wurden, sind die Geschädigten als "Mitstifter", gleichberechtigt und auf "Augenhöhe" innerhalb der Stiftung zu behandeln.

Wir fordern bezüglich der Conterganstiftung für behinderte Menschen:

  • Beibehaltung der bisherigen Kompetenzverteilungen zwischen Stiftungsrat und Stiftungsvorstand;
  • Parität bei der Besetzung des Stiftungsrates zwischen contergangeschädigten Personen und Staatsbediensteten, hierbei:
  • Berufung von zwei neutralen Personen (mit Stimmrecht) in den Stiftungsrat - unter Zustimmung der Betroffenenvertreter oder:
  • Umwandlung der "Kann"-Vorschrift aus § 6 Abs. 1 Satz 5 ContStifG, dass das BMFSFJ bis zu zwei Wissenschaftler in den Stiftungsrat berufen "kann", in eine Verpflichtung;
  • Subsumtion der Geschäftsstelle unter die Gesamtstiftung;
  • Ausweitung der Fach- und Rechtsaufsicht und eine Konkretisierung der Aufgaben, dahingehend, dass der Stiftungsrat maßgebendes Organ ist;
  • Subsumtion der Fach- und Rechtsaufsicht unter das Bundesministerium für Arbeit und Soziales; - Einberufungsrecht von Stiftungsratssitzungen von Seiten der Betroffenenvertreter;
  • Erstellung von Videoprotokollen - unter Einbeziehung eines Gebärdendolmetschers - der Stiftungsratssitzungen und Einstellung dieser Videos auf die Homepage der Stiftung;
  • Verpflichtende Besetzung des Vorstandes mit drei Personen;
  • Änderung des Rechtsweges für die Betroffenen auf die Sozialgerichtsbarkeit.

Quelle: Contergannetzwerk Deutschland e.V. (ots)

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