CSU warnt nach Wulff-Rede vor Religionsgleichheit
Archivmeldung vom 05.10.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie CSU hat angesichts des Bekenntnisses des Bundespräsidenten zum Islam als Teil der deutschen Lebenswirklichkeit davor gewarnt, dass bei den Bürgern durch derartiges Denken aus Religionsfreiheit am Ende Religionsgleichheit werden könnte. Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer warnte in einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" zugleich angesichts der Bemerkungen des Bundespräsidenten zum EU-Beitritt der Türkei vor einer Beitritts-Illusion. "Die Grenze der Belastung ist schon jetzt bei Weitem erreicht", sagte die CSU-Spitzenpolitikerin.
Der Bundespräsident hatte am Wochenende für die Türkei auch eine vorurteilsfreie Prüfung des EU-Beitritts gefordert. Dazu sagte die CSU-Politikerin: "Wir sollten eines aus den jüngsten nationalen und populistischen Wellen rund um uns herum gelernt haben: Wir dürfen Europa nicht länger an den Bürgern vorbei weiterentwickeln." Das sei schon bisher zu oft geschehen. "Für das Europa in seinen jetzigen Grenzen geht es zunächst einmal darum, die volle Akzeptanz der Bevölkerung in den bisherigen Mitgliedsstaaten zu erreichen. Das sind noch riesige Herausforderungen." Die Ministerin verwies dabei auf die unterschiedlichen Sozialabsicherungen in den Mitgliedsstaaten. "Und deswegen ist allein schon aus diesem Grund für mich und meine Partei kein Weg denkbar, an dessen Ende die Türkei als Vollmitglied in der EU steht. Das hat gar nichts mit irgendwelchen Vorbehalten zu tun, sondern mit ganz objektiven Gegebenheiten."
Erste Rückmeldungen aus der Bevölkerung über die Islam-Thesen des Bundespräsidenten vom 3. Oktober zeigten, so Haderthauer: "Eine solche Aussage kann missverstanden werden. Aus Religionsfreiheit darf nicht Religionsgleichheit werden."
Zugleich sagte sie, es müsse endlich aufgehört werden, über Integration mit allzu großer Pauschalität zu diskutieren. Die Erfahrungen gerade aus den letzten Wochen seien "unselig genug" gewesen. "Zugewanderte, die sich gut integriert haben, bereichern als Leistungsträger vielfach unsere Gesellschaft. Andererseits müssen diejenigen sehr viel stärker gefordert werden, die sich nicht mit voller Kraft integrieren wollen, sei es durch Verweigerung der deutschen Sprache, durch kulturelle oder religiös bedingte Eigenheiten oder auch durch Missachtung der deutschen Rechtsvorschriften." Wenn die Integration nicht klappe, "dürfen wir als Politiker nicht zuerst uns an die eigene Brust klopfen und schuldbewusst "mea culpa" - meine Schuld - rufen." Wer nach Deutschland käme, müsse sich integrieren wollen. "Das ist seine Verantwortung, die wir mit aller Kraft einfordern dürfen", sagte Frau Haderthauer.
Weihbischof Koch: Islam nicht Christentum gleichsetzen
Weihbischof Heiner Koch vom Erzbistum Köln hat vor einer intellektuell gleichmacherischen und somit unredlichen Vermengung von Christentum und Islam gewarnt. Koch sagte der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post", der Bundespräsident habe Recht, wenn er die bei uns lebenden muslimischen Bürger als Teil Deutschlands bezeichne. Jetzt aber müsse endlich einmal intensiv über die gesellschaftsrelevanten und mit Blick auf die Werte des Grundgesetzes staatstragenden Aussagen der verschiedenen Religionen diskutiert werden. Koch fügte hinzu: "Wir Christen haben hohen Respekt vor den Muslimen, deren freier Religionsausübung und deren Frömmigkeit, die für uns Christen auch eine Herausforderung darstellen. Aber wir sollten uns in der politischen Debatte davor hüten, alles in einen Topf zu werfen, es dann umzurühren und dabei zu denken: Christentum, Islam, egal, alles gleich." Man müsse deutlich herausarbeiten, wofür jeder Glaube stehe. Es sei unbestritten, dass historisch der Einfluss des Christentums auf Gesellschaft und Kultur in Deutschland erheblich gravierender und prägender sei als derjenige des Islam.
Quelle: Leipziger Volkszeitung / Rheinische Post