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Geschwindigkeitsmessung per Laser kein Beweis

Archivmeldung vom 24.09.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.09.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Ein Richter am Amtsgericht Herford könnte jetzt ein folgenschweres Urteil in Sachen Geschwindigkeitsmessung per "Laserpistole" gefällt haben. Im besagten Fall ging es um einen Autofahrer, der angeblich in einer Tempo-30-Zone mit 51 km/h gemessen wurde.

Helmut Knöner (60) ist seit 31 Jahren Richter am Amtsgericht Herford. Er hat in all den Jahren Diebe verurteilt, Betrüger, Kneipenschläger  und immer wieder Verkehrsteilnehmer, die es eiliger hatten, als es die Straßenverkehrsordnung erlaubte. Einen 60-jährigen Handelsvertreter aus Bad Oeynhausen sprach Knöner dagegen frei. Zwei Polizeibeamten hatten den Mann mit einer Laserpistole in einer verkehrsberuhigten Zone erwischt.

21 Kilometer zu schnell

 

30 Stundenkilometer waren dort erlaubt, 51 soll der VW laut Lasermessung gefahren sein. Dafür hätte der Fahrer 50 Euro Bußgeld zahlen und einen Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei kassieren sollen. Doch der Autofahrer zog gegen den Bescheid zu Gericht  und Richter Helmut Knöner gab ihm Recht.

Es sei nämlich nicht auszuschließen, dass die Polizisten irrtümlich einen leicht versetzt zu dem VW fahrenden Wagen angepeilt und so Messergebnisse für ein anderes Fahrzeug erhalten hätten. Das hatte ein Gutachter bestätigt, der von der Verteidigung eingeschaltet worden war. Der Beschuldigte hatte während der Hauptverhandlung ausgesagt, nicht er, sondern ein vor ihm fahrendes Fahrzeug sei am fraglichen Tag zu schnell unterwegs gewesen.

Die als Zeugen geladenen Polizisten beteuerten allerdings, korrekt gemessen zu haben. Doch Knöner entschied im Zweifel für den Angeklagten. Gleichzeitig kündigte er an, bei ähnlicher Sachlage künftig vermeintliche Temposünder freizusprechen. Die Polizei, so fordert der Jurist, solle mit Hilfe einer Digitalkamera nachweisen, dass ihre Laserpistolen auch wirklich den Richtigen erwischt haben.

20.000 Euro pro Stück

Technisch ist das bereits möglich. Die Physikalisch Technische Bundesanstalt in Braunschweig (PTB) hat Lasermessgeräte zugelassen, die mit Kameras gekoppelt sind. Sie kosten zwischen 15.000und 20.000 Euro pro Stück. Nur ein Drittel so teuer sind Geräte ohne Kamera, von denen über 600 seit drei Jahren in NRW im Einsatz sind. Auch sie hätten eine PTB-Zulassung, betonte das Innenministerium in Düsseldorf und schloss: „Wir sehen nach dem Urteil keinen Handlungsbedarf.”

Der könnte aber kommen, wenn das Beispiel Knöners Schule macht. Der Herforder Richter hat unter Juristen einen Ruf als Bohrer harter Bretter. 16 Jahre lang prozessierte er um ein bundesweites Jugendstrafvollzugs-Gesetz, das Mindeststandards für Jugendgefängnisse festlegte, bis ihm das Bundesverfassungsgericht Recht gab. Zudem genießt sein Anliegen unter Richtern Sympathien. Landauf landab werden Gerichte mit Einsprüchen von Rechtsanwälten überschwemmt, die angeblich zu Unrecht belangte Tempo-Sünder vertreten.

Knöner: „Von 1200 Bußgeldverfahren, die wir pro Jahr am Amtsgericht verhandeln, geht es in 300 Fällen um Lasermessungen. 75 davon sind tatsächlich strittig.” Die Fälle kosten nicht nur die Zeit der Richter, sondern auch die der Polizisten, die jeweils als Zeugen aussagen müssen. Zudem fielen, so Knöner, Gutachterkosten in Höhe von 1000 bis 1500 Euro pro Verfahren an. „All das wäre nicht nötig, wenn das Beweissicherungsverfahren genau so sicher wäre, wie etwa der Videobeweis beim Hinterherfahren auf der Autobahn”, betont der Herforder Jurist.

Technisch ausgereift

 

Technisch gilt die Messung mit der Laserpistole allerdings als ausgereift. Das bestätigt auch Gutachter Dieter Rachel, dessen Expertisen schon zahlreiche Autofahrer vor einem Bußgeld bewahrt haben. „Das Problem ist, dass es gute Messbeamte und weniger gute gibt”, sagt der Ingenieur. Rund 20 Prozent der Messungen, deren Ergebnisse von Autofahrern beanstandet werden, müssten nach seinen Erfahrungen korrigiert werden. Meist seien die Bedienungsanleitungen nicht exakt eingehalten worden. Die Gewerkschaft der Polizei reagierte auf das Urteil Knöners pikiert. Ihr NRW-Vorsitzender Frank Richter empörte sich, dass Knöner mit seinem Urteil Polizisten unrechtmäßiges Handeln unterstellt habe.

Dagegen sieht sich der ADAC in seiner Haltung bestätigt. „Ein solches Beweisverfahren wie bei der Lasermessung würde bei einem Strafverfahren von jedem Verteidiger zerpflückt”, sagt ADAC-Experte Maximilian Maurer. Bei von unserer Zeitung befragten Amtsrichtern fällt das Urteil hingegen zwiespältig aus. „Die Verfahren wegen Bußgeldsachen sind für Polizei und Justiz ein Ärgernis und kaum noch zu bewältigen”, bestätigt etwa Norbert Braun, Direktor des Amtsgerichts Mettmann. Die Ankündigung, mögliche Temposünder künftig ohne Fotobeweis freizusprechen, grenze allerdings an Rechtsbeugung.

Viel Widerspruch

Auch Richter Martin Laux aus Kleve widerspricht seinem Herforder Kollegen: „Ein Foto mag ja sinnvoll sein, wenn ein Polizist seine Messung aber überzeugend darlegt, ist das auch ein Beweis.”

Knöner weiß, dass sein Urteil in einer höheren Instanz gekippt werden könnte. Beirren lässt er sich davon nicht: „Letztlich will ich mit meinem Urteil ein politisches Signal setzen.”

 

 

 

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