Gewalt in den ersten Liebesbeziehungen Jugendlicher
Archivmeldung vom 28.04.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMit einer repräsentativen Studie unter hessischen Schülerinnen und Schülern will die Arbeitsgruppe „Gesundheitsschutz bei interpersoneller Gewalt“ am Fachbereich Pflege und Gesundheit der Hochschule Fulda herausfinden, wie viele Jugendliche bereits in ihren ersten Liebesbeziehungen psychische, körperliche oder sexualisierte Gewalt erfahren. „Teen Dating Violence“ heißt dieses Phänomen im anglo-amerikanischen Sprachraum.
Für das Wohlbefinden und die Gesundheit vor allem von Mädchen haben diese Gewalterfahrungen weitreichende Konsequenzen: Essstörungen und erhöhter Konsum von Nikotin, Alkohol und Drogen, riskantes Sexualverhalten, Schulabbruch aufgrund psychischer Probleme, Suizidalität, ungewollte Schwangerschaften und sexuell übertragbare Erkrankungen sind als mögliche Folgen in internationalen Studien gut belegt.
Studien aus Großbritannien zeigen, dass „Teen Dating Violence“ auch in Europa keineswegs selten ist. Für Deutschland liegen bislang zu wenige Daten vor, um zuverlässige Aussagen über die Häufigkeit und die Folgen dieser Form von Gewalt zu treffen. Hessische Schülerinnen und Schüler im Alter von 14 bis 17 Jahren sollen daher zu ihren Erfahrungen befragt werden. Um eine Zufallsauswahl sicherzustellen, wird jede weiterführende Schulform in die Stichprobe einbezogen, und zwar entsprechend ihres Anteils an allen Schülerinnen und Schülern in diesem Alter. Danach erfolgt eine nach Schulformen getrennte Zufallsauswahl von Schulen, anschließend in diesen Schulen eine Zufallsauswahl von Klassen. Für die Befragung ist selbstverständlich das Einverständnis der Eltern notwendig.
„Das Ausmaß der Gewalt zu kennen, ist ein erster wichtiger Schritt, um gut begründen zu können, weshalb Prävention notwendig ist und zum Beispiel von Krankenkassen bezahlt werden sollte“, erläutert Projektleiterin Prof. Dr. Beate Blättner den Sinn der Befragung. Inzwischen ist belegt, dass Mädchen und junge Frauen, die Gewalt erleiden, ein erhöhtes Risiko haben, im Erwachsenenalter Opfer von Partnergewalt zu werden. „Maßnahmen der Gewaltprävention müssen bei Jugendlichen ansetzen“, fordert daher Dr. Petra Brzank, die am Fachbereich Pflege und Gesundheit und der Berlin School of Public Health über Hilfesuchverhalten von Frauen bei Partnergewalt promoviert hat und ebenfalls Mitglied in der Arbeitsgruppe ist. Zu erreichen sei dies, indem man die individuellen Ressourcen von Kindern und Jugendlichen stärke sowie sozialen Netzen und respektvollen Beziehungen zwischen den Geschlechtern mehr Bedeutung verleihe.
Die Weltgesundheitsorganisation sieht in entsprechenden Projekten mit Jugendlichen derzeit die größten Primärpräventionspotenziale für Partnergewalt gegen Frauen. In Deutschland sind solche Projekte noch selten.
Das Forschungsprojekt hat eine Laufzeit von eineinhalb Jahren und wird aus dem Etat des Forschungsschwerpunktes Frauen- und Geschlechterforschung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst finanziert.
Quelle: Hochschule Fulda (idw)