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Kritik an Massenüberprüfungen von Bürgern vor der Fußball-WM

Archivmeldung vom 06.01.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.01.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Datenschützer und Oppositionspolitiker haben die von den Sicherheitsbehörden geplanten Massenüberprüfungen von Bürgern vor der Fußball- Weltmeisterschaft als unverhältnismäßig kritisiert.

Bis zu 250 000 Menschen, die beruflich mit der Weltmeisterschaft zu tun haben, werden nach Informationen des Berliner "Tagesspiegels" (Freitagausgabe) in den kommenden Monaten routinemäßig von Polizei und Verfassungsschutz auf ihre Vorgeschichte überprüft. Damit solle die Sicherheit der Spiele gewährleistet werden, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums der Zeitung. Das betrifft neben Sicherheitspersonal oder Journalisten auch Reinigungskräfte oder Würstchenverkäufer. Finden die Behörden Hinweise auf terroristische Kontakte oder andere Aktivitäten, die man als Sicherheitsrisiko einstuft, wird den Betroffenen die Zulassung zu WM-Stadien und anderen zentralen Orten verweigert. Ein Widerspruch gegen das Ergebnis der Untersuchung ist nicht möglich: Den Grund der Entscheidung erfahren die Abgelehnten nicht. Auch die Kriterien, die zur Ablehnung führen, wollen die Behörden nicht öffentlich bekannt geben.

Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix bezeichnete gegenüber dem "Tagesspiegel" das Verfahren als intransparent und "rechtsstaatlich nicht einwandfrei". Zwar sei es legitim, dass die Polizei Menschen, die Zugang zu sensiblen Bereichen wie den WM-Stadien haben, auf laufende Ermittlungsverfahren in einschlägigen Bereichen hin überprüfe, sagt Dix. "Aber dass der Verfassungsschutz beteiligt wird und auch Propagandadelikte überprüft werden, also zum Beispiel, wenn jemand in der Vergangenheit mal radikale politische Flugblätter verteilt hat, liegt an der Grenze des rechtsstaatlich Hinnehmbaren." Wenn bei einer Bewerbung ein polizeiliches Führungszeugnis verlangt werde, habe der Betreffende zumindest die Chance, die Angaben erst selbst zu prüfen. Diese Möglichkeit gebe es bei der WM nicht.

Die Grünen im Bundestag sprechen von einem unzulässigen Eingriff in die Grundrechte."Alleine um Namensverwechslungen auszuschließen, muss es Überprüfungsmöglichkeiten geben", sagte Wolfgang Wieland, Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion für innere Sicherheit, der Zeitung. "Die Menschen haben das Recht zu erfahren, wieso sie als potenzielle Bombenleger eingestuft werden."

Das Bundesinnenministerium verteidigt die außergewöhnliche Überprüfung, die von den Sicherheitsbehörden angeregt worden sei. "Das ist mehr als sonst üblich - aber die WM ist eben auch eine Großveranstaltung in nie da gewesenen Dimensionen", sagte ein Sprecher. Auch die rechtlichen Bedenken der Kritiker weist das Ministerium zurück: Jeder potenzielle WM-Beschäftigte stimme der Überprüfung durch Polizei und Verfassungsschutz zuvor auf einem Akkreditierungsformular zu, dadurch stehe die Prüfung auf sicherer juristischer Grundlage.

Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel

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