Streitfall Canaletto: Erbe fordert Gemälde vom Bund zurück
Archivmeldung vom 22.12.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittÄrger für den Bund: In seiner Januar-Ausgabe berichtet das Kunstmagazin art von einem pikanten Streit um ein Gemälde des Malers Bernardo Bellotto (1722 bis 1780), Künstlername Canaletto.
Seit 1961 hing seine Darstellung des Dresdner
Zwingergrabens, von dem eine größere Fassung in der Dresdner
Gemäldegalerie Alte Meister zu sehen ist, im Speisesaal der Bonner
Villa Hammerschmidt. Horst Köhler muss nun auf das Gemälde verzichten
- es wurde vom Bonner Amtssitz des Bundespräsidenten zum Bundesamt
zur Regelung offener Vermögensfragen in Berlin gebracht, wo über sein
weiteres Schicksal entschieden wird. Grund für den Umzug: Juan Carlos
Emden, Enkel eines jüdischen Hamburger Kaufmanns, verlangt die
Herausgabe des Gemäldes, das sein Großvater 1938 unter Druck an die
Nazis verkauft haben soll. Die Bundesrepublik, in deren Besitz sich
das Bild seit Kriegsende befindet, weigert sich bislang, das
Meisterwerk abzugeben. Der Geschäftsmann und Kunstsammler Max James
Emden, so die Schilderung des Anwalts seines Enkels, hat sich 1929
aus dem Geschäftsleben in Deutschland in die Schweiz zurückgezogen,
wo er von Einkünften aus seinen florierenden Kaufhäuser lebte. Der
jüdische Kaufmann geriet unter Druck, als die Nationalsozialisten
begannen, sein Vermögen zu konfiszieren. Deshalb trennte er sich
zwischen 1938 und 1941 von seinen Kunstschätzen, darunter Werke von
Claude Monet und Vincent van Gogh, sowie drei Canalettos. 1945
gelangten die Gemälde in den "Central Collecting Point", an dem die
Amerikaner von Nazis geraubte Kunst zusammenzogen. Dieser Bestand
ging in den Besitz der jungen Bundesrepublik über - und Canalettos
Bild als Leihgabe des Bundes in die Villa Hammerschmidt. Die
Situation scheint festgefahren: Während das Bundesamt zur Regelung
offener Vermögensfragen keinen Zusammenhang zwischen dem Verkauf und
der Verfolgung des Kaufmanns sieht, ist Emdens Anwalt vom erzwungenen
Verkauf überzeugt. Eine Klage gegen den Bund hält er jedoch für
ausgeschlossen und hofft auf Einsicht der zuständigen Stellen. Ob
Köhlers Entscheidung, das Gemälde abzuhängen, Bewegung in die Sache
bringt, bleibt abzuwarten - eine Stellungnahme gab er nicht ab.
Quelle: Pressemitteilung art, Gruner-Jahr