1,06 Millionen Sterbefälle im Jahr 2022: Sterbefallzahlen im Dezember 2022 um 19 % über dem mittleren Wert der Vorjahre
Archivmeldung vom 10.01.2023
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Freigeschaltet durch Mary SmithIm Jahr 2022 sind in Deutschland nach vorläufigen Ergebnissen einer Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 1,06 Millionen Menschen gestorben. Die Zahl der Sterbefälle ist im Vergleich zum Vorjahr damit um 3,4 % oder mehr als 35 000 Fälle gestiegen. Im Gegensatz zu den ersten beiden Pandemiejahren haben die Sterbefallzahlen bei den Frauen (+4,3 %) stärker zugenommen als bei den Männern (+2,5 %) - in den Jahren 2020 und 2021 war dies umgekehrt. Im Dezember 2022 lagen die Sterbefallzahlen um 19 % über dem Vergleichswert der vier Vorjahre.
Anstieg der Sterbefallzahlen geht auch im Jahr 2022 über den Alterungseffekt hinaus
Aufgrund des zunehmenden Anteils älterer Menschen an der Bevölkerung wird seit etwa 20 Jahren mit einer jährlich steigenden Zahl der Sterbefälle in Deutschland gerechnet. Gleichzeitig stieg die Lebenserwartung vor Beginn der Corona-Pandemie jedoch tendenziell an. Der Effekt der steigenden Lebenserwartung schwächte damit den Alterungseffekt ab. Bereits in den ersten beiden Pandemiejahren war der Anstieg stärker ausgeprägt als in fast allen Jahren zuvor. Auch die Zunahme um 3,4 % im vergangenen Jahr geht über den durchschnittlichen Anstieg hinaus. Nach vorläufigen Berechnungen kann nur etwa ein Fünftel des gesamten Anstiegs im Jahr 2022 mit der steigenden Zahl älterer Menschen erklärt werden.
Erhöhte Sterbefallzahlen während der Coronawelle von März bis Mai
Zu Jahresbeginn 2022 hatte sich das Sterbegeschehen in Deutschland nach den außergewöhnlich hohen Sterbefallzahlen zum Jahresende 2021 annähernd normalisiert. Im Januar und Februar lagen die Sterbefallzahlen 5 beziehungsweise 1 % über dem mittleren Wert (Median) der Jahre 2018 bis 2021 für den jeweiligen Monat. Im Laufe des März war in den meisten vorpandemischen Jahren die Grippeaktivität und zeitgleich auch die Zahl der Sterbefälle deutlich zurückgegangen. Dieser Effekt trat 2022 erst verzögert im Laufe des Aprils ein, sodass die Sterbefallzahlen im März (+8 %) deutlicher über dem Vergleichswert aus den Vorjahren lagen als noch im Februar. Eine Erklärung für die auch im April (+7 %) und Mai (+8 %) noch überdurchschnittlichen Sterbefallzahlen könnten die in dieser Zeit immer noch in größerer Zahl aufgetretenen COVID-19-Todesfälle gewesen sein.
Deutlich erhöhte Sterbefallzahlen in den von Hitzerekorden geprägten Sommermonaten
In den von Hitzerekorden geprägten Sommermonaten Juni bis August lagen die Sterbefallzahlen noch deutlicher über den mittleren Werten der Vorjahre (+9 bis +13 %) als in den Vormonaten. Besonders erhöht waren die Sterbefallzahlen dabei in Kalenderwoche 29 (18. bis zum 24. Juli) mit +25 %. In dieser Woche war es außergewöhnlich heiß. Die Vergleichswerte wurden jedoch auch in kühleren Wochen innerhalb der Sommermonate zum Teil deutlich überschritten. Bis Ende Juli stiegen in dieser Zeit auch die COVID-19-Todesfallzahlen wieder an, im August gingen sie wieder zurück.
Sehr hohe Sterbefallzahlen auch zum Jahresende
Die Sterbefallzahlen lagen im September 11 % und im Oktober 20 % über dem Vergleichswert der Vorjahre. Die COVID-19-Todesfallzahlen stiegen zwischen Anfang September und Mitte Oktober erneut an - allerdings nicht im gleichen Ausmaß wie die Gesamtsterbefallzahlen. Im November (+7 %) ging die Differenz zum mittleren Wert der Vorjahre und auch die Zahl der COVID-19-Todesfälle wieder zurück. Zum Jahresende im Dezember lagen die Sterbefallzahlen auf Basis einer Hochrechnung wieder sehr deutlich über dem Vergleichswert (+19 %), am deutlichsten in Kalenderwoche 51 (19. bis zum 25. Dezember) mit +32 %. Laut dem aktuellen Influenza-Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) wurde ab November ein Niveau bei Atemwegserkrankungen im Allgemeinen erreicht, das über dem Höhepunkt schwerer Grippewellen der Vorjahre lag. Auch die Zahl der Gestorbenen im Dezember 2022 mit mehr als 110 000 Fällen geht über das von Grippewellen bekannte Ausmaß hinaus.
Methodische Hinweise zu den Sterbefallzahlen für Deutschland:
Grundlage der Sonderauswertung für das Jahr 2022 sind erste vorläufige Daten (Rohdaten). Dabei handelt es sich zunächst um eine reine Fallzahlauszählung der eingegangenen Sterbefallmeldungen aus den Standesämtern ohne die übliche Plausibilisierung und Vollständigkeitskontrolle der Daten. Durch gesetzliche Regelungen zur Meldung von Sterbefällen beim Standesamt und Unterschiede im Meldeverhalten der Standesämter an die amtliche Statistik sind diese Daten noch unvollständig.
Aufgrund der hohen Relevanz aktueller Sterbefallzahlen in der Corona-Pandemie hat das Statistische Bundesamt ein Schätzmodell zur Hochrechnung der unvollständigen Daten entwickelt. Damit lassen sich bundesweite Sterbefallzahlen bereits nach etwa einer Woche bereitstellen. Dabei werden die Sterbefallzahlen der letzten neun dargestellten Wochen auf Basis der bislang eingegangenen Meldungen aus den Standesämtern hochgerechnet. Die Zahlen können deshalb zu einem späteren Zeitpunkt geringfügig höher oder niedriger sein. Die Schätzung basiert auf in der Vergangenheit beobachteten Mustern im Meldeverzug, die sich regional zum Teil deutlich unterscheiden. Miteinander vergleichbare Ergebnisse für die Bundesländer liegen deshalb erst nach etwa vier Wochen vor. Die Sonderauswertung wird wöchentlich auf der Themenseite "Sterbefälle und Lebenserwartung" aktualisiert. Neue Ergebnisse sind jeden Dienstag verfügbar.
Anhand der vorläufigen Sterbefallzahlen lassen sich Phasen der Übersterblichkeit im Laufe eines Jahres identifizieren. So werden direkte und indirekte Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und die Auswirkungen weiterer Faktoren auf die Sterbefallzahlen zeitnah sichtbar. Hierfür wird ein Vergleich zu einem mittleren Wert (Median) mehrerer Vorjahre herangezogen, um das unterschiedliche Ausmaß von saisonal wiederkehrenden Effekten (z. B. durch Grippe- oder Hitzewellen) zu berücksichtigen. Bei der Berechnung des Medianwerts bleiben die niedrigste und die höchste Sterbefallzahl aus den vier Vorjahren unberücksichtigt. Dieser Vergleichswert hat somit gegenüber dem arithmetischen Mittel den Vorteil, weniger anfällig gegenüber Sonderentwicklungen und Ausreißern zu sein. Der Effekt der steigenden Lebenserwartung und des steigenden Anteils älterer Menschen auf die zu erwartende Zahl an Sterbefällen kann in diesen unterjährigen Vergleich mit dem Median nicht einberechnet werden. Für das ganze Kalenderjahr lässt sich der Effekt mit sogenannten Dekompositionstechniken berechnen. Hierfür wurden vorläufige Sterbeziffern nach Altersgruppen und Geschlecht berechnet und Daten der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (aus Variante 8) für eine erste Einordnung herangezogen.
Ab März 2020 lassen sich die Zahlen nur vor dem Hintergrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie interpretieren. Neben der Vermeidung von COVID-19-Todesfällen können die Maßnahmen und Verhaltensänderungen auch dafür gesorgt haben, dass weniger Sterbefälle durch andere Infektionskrankheiten wie beispielsweise die Grippe verursacht wurden, was sich ebenfalls auf den Vergleich mit Vorjahren auswirkt. Die Ergebnisse der Todesursachenstatistik für das Jahr 2020 legen diesen Zusammenhang nahe. Rückgänge oder Anstiege bei anderen Todesursachen können ebenfalls einen Effekt auf die gesamten Sterbefallzahlen haben. Über die Häufigkeit einzelner Todesursachen können die Sterbefallzahlen jedoch keine Auskunft geben. Entsprechende Informationen wurden für die Jahre 2020 und 2021 in separaten Pressemitteilungen veröffentlicht.
Für die abschließende Einordnung der Sterblichkeitsentwicklung werden die Sterbefälle noch ins tatsächliche Verhältnis zur Bevölkerung gesetzt, um beispielsweise auch den Alterungsprozess der Bevölkerung einzubeziehen. Die dafür erforderlichen endgültigen Ergebnisse inklusive aller Nachmeldungen liegen turnusgemäß zur Mitte des jeweiligen Folgejahres vor. Informationen zu derartigen Ergebnissen für die ersten beiden Jahre der Pandemie bietet die Pressemitteilung Nr. 313 vom 26. Juli 2022.
Die vorläufigen Sterbefallzahlen beziehen sich auf den Sterbetag, nicht auf das Meldedatum. Da die gemeldeten COVID-19-Todesfälle vom RKI nach Sterbedatum derzeit bis zur 50. Kalenderwoche 2022 veröffentlicht werden, ist ein zeitlicher Vergleich mit den vorläufigen Gesamtsterbefallzahlen aktuell bis zu dieser Woche möglich. Fälle, für die keine oder unplausible Angaben zum Sterbedatum übermittelt wurden, sind nicht enthalten. Diese Ergebnisse sind noch nicht für den Meldeverzug korrigiert und werden sich voraussichtlich durch Nachmeldungen noch weiter erhöhen. Weitere Hintergrundinformationen zu diesen Daten gibt es im Internetangebot des RKI.
Quelle: Statistisches Bundesamt (ots)