Studie: Kirchen ohne Fans - Gläubige glauben ihrer Kirche nicht mehr
Archivmeldung vom 24.02.2021
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.02.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićHinter der massiven Austrittswelle aus der römisch-katholischen Kirche steckt nicht nur die "Causa Woelki" im Erzbistum Köln. Die bundesweite Studie "Fanfocus Deutschland Verbände 2021" des Marktforschungsunternehmens 2HMforum. beweist: Kirchen in Deutschland haben nur noch 14 Prozent Fans unter ihren Gläubigen. Das heißt: Gerade einmal jedes siebte Kirchenmitglied fühlt sich emotional an seine Gemeinschaft gebunden.
"Seit Jahren zeigen sich bei den Kirchen massive Defizite in der Mitgliederzufriedenheit und emotionalen Mitgliederbindung", analysiert Stefan Eser, Wissenschaftlicher Leiter der Studie Fanfocus Deutschland Verbände. Die Ursache für diese mit nur 14 Prozent sehr geringe Fan-Quote in Kirchen- und Glaubensgemeinschaften ist, dass der Markenkern beider großer Kirchen massiv verletzt wird: die Glaubwürdigkeit. Gerade diese ist aber für die emotionale Bindung der Kirchenmitglieder zentral. Immer wieder wurde in den vergangenen Jahren die Glaubwürdigkeit der Kirchen durch Skandale um Kindesmissbrauch, Prasserei und Intransparenz erschüttert.
Glaubwürdigkeit und Transparenz
In der aktuellen Studie stimmen nur 19 Prozent der befragten Mitglieder der Römisch-Katholischen Kirche der Aussage "...ist sehr glaubwürdig" zu. Bei der Evangelischen Kirche sind es immerhin 40 Prozent. Im Vergleich: Bei den Umwelt- und Naturschutzorganisationen liegt dieser Anteil unter deren Mitglieder bei 92 Prozent. Nur 8 Prozent der katholischen Mitglieder geben darüber hinaus an, dass ihre Kirche "sehr transparent" ist; die Evangelische Kirche kommt hier auf 24 Prozent.
"Mit Blick auf diese Studienergebnisse ist die aktuelle Diskussion über die Kausa Woelki natürlich fatal, und führt dazu, dass selbst überzeugte Anhänger nun zusätzlich ihrer Kirche ebenfalls den Rücken kehren", so Stefan Eser. "Und solange die Skandale um den sexuellen Missbrauch in beiden Kirchen nicht vollständig und transparent aufgeklärt sind, auch entsprechend personelle Konsequenzen gezogen werden, und zusätzlich darüber ohne Stillschweigen offen und glaubwürdig kommuniziert wird, hilft es auch nur recht wenig, nun erstmals mit Beate Gilles eine Frau als Generalsekretärin an die Spitze der Deutschen Bischofskonferenz zu wählen", sagt Eser, langjähriger Experte für Emotionale Mitgliederbindung.
Die aktuelle bundesweite Studie "Fanfocus Deutschland Verbände" des Mainzer Marktforschungs- und Beratungsunternehmens 2HMforum. und der ECOPLAN GmbH hat knapp 2.000 Mitglieder verschiedenster Organisationstypen in ganz Deutschland - darunter auch Mitglieder aus Kirchen-, Religions- oder Glaubensgemeinschaften - u. a. zur Mitgliederzufriedenheit, emotionalen Mitgliederbindung sowie zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie befragt.
Unter den 14 analysierten Organisationstypen stehen die Kirchen mit nur 14 Prozent Fans, also zufriedenen und emotional gebundenen Mitgliedern, am Ende des Rankings. Top 1 belegen die Natur- und Umweltschutzorganisationen mit 38 Prozent Fans; auf Platz 2 schaffen es die Automobil- und Verkehrsclubs mit 33 Prozent Fans. Im hinteren Bereich des Rankings sind Parteien (20 Prozent Fans), Gewerkschaften (18 Prozent Fans) sowie Branchen-/Fach- und Arbeitgeberverbände (17 Prozent Fans) und Handwerksinnungen mit nur 15 Prozent Fans.
Quelle: 2HMforum. (ots)