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Kitas beschäftigen häufig weniger Personal als vorgeschrieben

Archivmeldung vom 19.06.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.06.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: Erich Westendarp / pixelio.de
Bild: Erich Westendarp / pixelio.de

In deutschen Kindertagesstätten ist in den vergangenen Jahren häufig weniger Personal beschäftigt worden als vorgeschrieben. Das ist das Ergebnis einer Abfrage der "Welt am Sonntag" bei den Landesrechnungshöfen der 16 Länder. Demnach deckten die unabhängigen Prüfer in drei Bundesländern - Nordrhein-Westfalen, Berlin und Hamburg - bei Sonderprüfungen auf, dass in den überprüften Kitas deutlich weniger Erzieher arbeiteten als durch die Mindestpersonalverordnungen der Länder vorgegeben.

In Berlin beschäftigten demnach die 111 Kitas der Stichprobe zusammen 163 Fachkräfte weniger als vorgeschrieben. In Hamburg arbeiteten in Gruppen für unter Dreijährige nur zwischen 77 und 83 Prozent der festgelegten Kräfte. Und in Nordrhein-Westfalen unterschritt fast jede zweite Einrichtung die Vorgaben.

Ein Grund dafür, dass Vorgaben nicht eingehalten werden, ist nach Einschätzung von Branchenexperten ein Fachkräftemangel. Ein anderer sei, dass Kita-Betreiber ihre Betriebskosten niedrig halten wollen. In zwei Ländern - NRW und Berlin - stellten die Landesrechnungshöfe zudem fest, dass dort die öffentliche Hand für Fachpersonal mitbezahlte, was es nicht gab. Denn die Zuschüsse orientieren sich dort an der Kinderzahl und nicht an der Zahl der tatsächlich beschäftigten Erzieher. In NRW wurden laut Hochrechnung aus der Stichprobe bei 93 Kindergärten, die in den Jahresbericht 2014 einfloss, in nur einem Kindergartenjahr deshalb 61,6 Millionen Euro an Zuschüssen zu viel an die Betreiber gezahlt.

In Berlin zahlte die öffentliche Hand im Jahr der Stichprobe durch den Landesrechnungshof etwas mehr als sechs Millionen Euro zu viel für nicht existente Fachkräfte. Sind die Kita-Betreiber Privatanbieter, können sie die so erzielten Überschüsse als Gewinne verbuchen. Verantwortlich für die festgestellten Personalunterschreitungen und die zu Unrecht gezahlten öffentlichen Zuschüsse ist nach Einschätzung unabhängiger Experten ein Mangel an Aufsicht.

"Wegen der fehlenden Kontrollen ist es generell durchaus möglich, als Betreiber beim Personalbestand unter gesetzlichen Vorgaben zu bleiben, wenn man es darauf anlegt", sagte etwa die Kita-Expertin der Bertelsmann-Stiftung, Anette Stein. Denn in keinem Bundesland gibt es regelmäßige oder unangemeldete Besuche in Kitas, um Dienstpläne und Anwesenheit des Personals zu überprüfen. Obwohl die Rechnungshöfe schon vor bis zu fünf Jahren die Missstände aufgedeckt hatten, haben die betroffenen Bundesländer bislang nicht oder nur teilweise reagiert - sodass die festgestellten Unterschreitungen beim Personalbestand nach wie vor möglich sind.

In Berlin etwa kündigte die Senatsverwaltung vor Kurzem an, erst bis Ende dieses Jahres ein elektronisches Prüf-System für Kita-Personal einzuführen. Die dortige Rechnungshof-Präsidentin Marion Claßen-Beblo sagte der "Welt am Sonntag", ihre Institution halte es für "absolut unbefriedigend, dass ein IT-Verfahren zur elektronischen Unterstützung einer stichtagsunabhängigen Prüfung der Personalausstattung der Kitas noch immer nicht zur Verfügung steht."

Bei der Senatsverwaltung erklärte man die lange Dauer auf Anfrage damit, dass für eine solche Systemeinführung viele Schritte notwendig seien - etwa die Klärung der Finanzierung. Auch in Hamburg sind die Kontroll-Lücken dem Rechnungshof zufolge noch nicht geschlossen, obwohl der dortige Rechnungshof dies bereits 2015 anmahnte. Die zuständige Direktorin im Kontrollgremium, Elisabeth Seeler-Kling, sagte, "der Rechnungshof bedauere", dass es dem Senat noch nicht gelungen sei, sich mit den Kita-Trägern auf bessere Kontrollen zu einigen. In Nordrhein-Westfalen dagegen reagierte die Landesregierung auf die Unterschreitungen der Betreiber, indem sie diesen mittlerweile beim Personal mehr Spielraum nach unten lässt.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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