Zur aktuellen Entwicklung im Rußfilterskandal erklärt die Deutsche Umwelthilfe:
Archivmeldung vom 30.11.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.11.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten Schmittwei Tage nach dem Versuch von Umweltminister Sigmar Gabriel, den Skandal um unwirksame Partikelfilter und die Verantwortung seines Ministeriums durch eine so genannte "freiwillige Vereinbarung" mit zwei Verbänden des Kraftfahrzeughandwerks und des Autoteilehandels zu vertuschen, steht die Bundesregierung vor einem Scherbenhaufen.
Die drei betroffenen
Hersteller unwirksamer Partikelfilter verweigern unisono jegliche
Kostenübernahme für den von Gabriel angekündigten "zügigen und
kostenlosen Umtausch mangelhafter Partikelminderungssysteme".
Dutzende betroffener Bürger haben sich in den vergangenen beiden
Tagen an die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) gewandt und berichtet,
dass ihnen der versprochene "zügige Umtausch" in den Werkstätten
verweigert werde. Offensichtlich haben sich die beiden Verbände weder
mit den Werkstätten vor Ort noch mit den Herstellern von
Betrugsfiltern abgestimmt.
Die Unternehmen GAT, Tenneco/Walker, Bosal und Ernst-Apparatebau
haben die Werkstätten darüber informiert, dass sie keinerlei Kosten
übernehmen, wenn ihre defekten Systeme durch Filter anderer Marken
ersetzt werden. Um nicht auf den Kosten für den Umtausch sitzen zu
bleiben, verfahren - von wenigen Ausnahmen abgesehen - die
Einbauwerkstätten so, wie es die Hersteller der mangelhaften Filter
fordern. Bei einer stichprobenartigen Umfrage der DUH unter 40
Betrieben empfahlen etwa 90%, auf den Austausch unbedingt zu
verzichten. Die Bundesregierung habe, so wird überwiegend
argumentiert, doch gerade entschieden, dass diese betroffenen Filter
in den Autos verbleiben können, weder Steuervorteil noch
Feinstaubplakette würden entfallen. Wenn bei der Befragung hartnäckig
auf Austausch bestanden wurde, verwiesen die Werkstätten - von einer
lobenswerten Ausnahme abgesehen - auf "irgendwann im Jahr 2008". Bis
dahin würden die betroffenen Filterhersteller eigene neue Produkte
aufgelegt haben.
Damit ist die von Umweltminister Gabriel vorgestellte "freiwillige
Selbstverpflichtung" der Wirtschaftsverbände gescheitert, bevor die
Tinte trocken wurde. Ein VW-Autohaus teilte der DUH darüber hinaus
mit, ihr Teilehändler habe erklärt, es dürften im Austausch für
GAT-Filter nur Ersatzfilter eben dieses Unternehmens verwendet
werden, ansonsten würden die Kosten nicht ersetzt. Diese könnten aber
erst "irgendwann im Jahr 2008 geliefert werden". Für einen Austausch
müsse der Kunde zudem beweisen, dass die eingebauten Filter wirklich
unwirksam seien. Dieses - erkennbar um seine Kunden besorgte -
Autohaus machte die DUH darauf aufmerksam, dass nach § 476 BGB
innerhalb von sechs Monaten nach Lieferung eine Beweislastumkehr
eintrete. Es sei daher anzunehmen, dass versucht werde, diese Frist
zu überbrücken. Damit würde sich die Rechtsposition für die
betroffenen Kunden entscheidend verschlechtern, sie müssten dann den
Beweis antreten, dass sein Filter defekt sei. Dies wird nach
Überzeugung der DUH in praktisch keinem Fall ohne aufwändige
Beweiserhebung und Durchführung eines Test nach den staatlich
festgelegten Zulassungsvoraussetzungen für Nachrüstfilter (festgelegt
in Anlage 26 STVZO) möglich sein - damit würde ein Austausch der
Betrugssysteme im wirklichen Leben praktisch nicht erfolgen.
Auch die Unternehmen Bosal und Tenneco/Walker teilen auf Nachfrage
ihre Absicht mit, den in der Vereinbarung des Bundesumweltministers
zugesagten zeitnahen Austausch den Werkstätten dann nicht ersetzen zu
wollen, wenn nicht ihre eigenen Systeme zum Einsatz kommen. Diese
existieren aber nicht. Stattdessen werden die Werkstätten
aufgefordert, die Kunden darauf zu verweisen, dass ihre mangelhaften
Systeme im Fahrzeug verbleiben können und mit dem Segen der
Bundesregierung Steuervorteil und Feinstaubplaketten behielten. Wer
trotzdem auf Austausch bestehe, solle auf 2008 verwiesen werden, dann
kämen neue Filter auf den Markt.
Branchenkenner gehen davon aus, dass jetzt erst einmal Zeit
gewonnen und die Verjährungs- bzw. Beweislastumkehrfrist abgewartet
werden soll. Ansprüche aus der so genannten Sachmängelhaftung
verjähren nach DUH-Informationen schon nach zwölf Monaten, die
Beweislastumkehr erfolgt danach bereits nach sechs Monaten. Mit ihrer
erkennbaren Strategie seien Hersteller von Betrugsfiltern nun
offenbar entschlossen die Verbraucher ein zweites mal zu täuschen.
Die DUH kündigte an, eine Anlaufstelle für betrogene Autohalter
einzurichten. Die Bundesregierung habe zugesagt über die
Verbändevereinbarung, für alle Fahrzeuge, für die es funktionierende
Alternativsysteme gebe, einen zeitnahen Austausch mit
sicherzustellen.
Die DUH werde sich dafür einsetzen, dass dies
möglich wird. Autofahrer denen ein sofortiger Umtausch verweigert
wird, forderte die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation auf,
sich an die DUH zu wenden (Email: [email protected]).
Quelle: Pressemitteilung DUH