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Zeitung: SPD-Politiker Edathy könnte Untersuchungsausschusses zur Terror-Zelle leiten

Archivmeldung vom 17.01.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.01.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Sebastian Edathy Bild: edathy.de
Sebastian Edathy Bild: edathy.de

Laut Informationen der Tageszeitung "Die Welt" ist der SPD-Politiker Sebastian Edathy als Vorsitzender des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu den Ermittlungspannen im Zusammenhang mit der Zwickauer Terror-Zelle im Gespräch. Der Ausschuss soll noch im Januar seine Arbeit aufnehmen.

Edathy hat als Sohn eines indischen Vaters selbst eine Zuwanderungsgeschichte und gilt als Experte in Sachen Rechtsextremismus. Von 2000 bis 2005 war er Sprecher der Arbeitsgruppe Rechtsextremismus der SPD-Fraktion. Der Koordinationsrat der Muslime hat die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses begrüßt. Sein Sprecher Bekir Alboga sagte, es sei ein wichtiges Zeichen an die Angehörigen, dass der Bundestag die Hintergründe der Ermittlungspannen aufkläre.

Bundesamt für Verfassungsschutz zieht personelle Konsequenzen aus Versäumnissen

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat erste personelle Konsequenzen aus den Versäumnissen der Sicherheitsbehörden nach dem Abtauchen des Zwickauer Terrortrios gezogen. Wie der "Spiegel" in seiner am Montag erscheinenden Ausgabe berichtete, enthob BfV-Präsident Heinz Fromm zum Jahreswechsel den Leiter der Abteilung 2, Artur Hertwig, seiner Zuständigkeit für den Rechtsextremismus. Die 2006 zusammengelegten Abteilungen für Links- und Rechtsextremismus will Fromm wieder trennen. Neben einigen Landesämtern für Verfassungsschutz war auch das BfV nach Bekanntwerden der Neonazi-Mordserie in die Kritik geraten. Es sei "weder gelungen, das Abtauchen der Mitglieder des Nationalsozialistischen Untergrunds zu verhindern noch Hinweise auf Unterstützer zu erhalten", hatte Fromm Ende November in einem Vortrag eingeräumt. Hertwigs Posten übernimmt Dinchen Franziska Büddefeld. Sie hat Erfahrung bei der Bekämpfung islamistischer Terrorzellen und kennt die Kooperation mit den Ländern im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum. Berlin plant derzeit eine ähnliche Einrichtung gegen Rechtsextremismus.

Magazin: Neonazi-Terroristen wählten Opfer nach Alter aus

Die Neonazi-Terroristen Uwe M. und Uwe B. haben ihre Mordserie womöglich nach dem Vorbild amerikanischer Rassisten geplant und ihre Opfer dabei unter anderem nach deren Alter ausgewählt. In einem frühen, bislang unveröffentlichten Bekennervideo, das Polizisten auf einer Festplatte in der Wohnung des Neonazi-Trios in Zwickau fanden und das dem "Spiegel" vorliegt, erscheinen Kästchen, die sich jeweils mit dem Datum eines Attentats füllen. Auffällig sei, so heißt es in einem aktuellen Ermittlungsbericht des Bundeskriminalamts (BKA), "dass bei den Einblendungen immer 14 umrahmte Felder zu sehen sind". Die Zahl 14 habe "in der rechtsextremistischen Szene eine besondere Bedeutung" und beziehe sich auf die ideologische Leitlinie eines amerikanischen Rassisten, die aus 14 Wörtern bestehe. Wie "Spiegel" und "Spiegel TV" berichten, gehen die Ermittler dem Verdacht nach, dass die Neonazis für jedes dieser Wörter einen Mordanschlag begehen wollten.

Teile des bislang unveröffentlichten Propagandafilms strahlte "Spiegel TV Magazin" am letzten Sonntag, dem 15. Januar, aus (RTL, 23.20 Uhr). In Zwickau gefundene Aufzeichnungen legen zudem nahe, dass sich B. und M. bei der Auswahl ihrer Opfer auf "unarische" Männer im zeugungsfähigen Alter konzentrierten. In einem Fall sahen die Täter von der geplanten Ermordung eines türkischen Unternehmers in Dortmund ab; die "Person" sei zwar "gut, aber alt (über 60)", heißt es in den Notizen.

Ein vom BKA sichergestelltes Pamphlet der Zwickauer Zelle liefert den Fahndern weitere Einblicke in die Gedankenwelt der Terrorgruppe. Der "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU), so heißt es in dem auf einer Computerfestplatte entdeckten Dokument, verkörpere "die neue politische Kraft im Ringen um die Freiheit der Deutschen Nation". Aufgabe des NSU sei die "energische Bekämpfung der Feinde des Deutschen Volkes". "Getreu dem Motto ,Sieg oder Tod" werde es "kein Zurück geben". Ob der Text tatsächlich verbreitet wurde, ist allerdings unklar.

Überdies gehen die Fahnder dem Verdacht nach, dass ein Teil des durch die Raubüberfälle der NSU erbeuteten Geldes für den "Aufbau weiterer rechtsterroristischer Kampfzellen im Untergrund" vorgesehen gewesen sein könnte, wie es in einem BKA-Bericht heißt.

Derweil verdichten sich die Verdachtsmomente gegen den inhaftierten mutmaßlichen NSU-Helfer André E. Nach BKA-Erkenntnissen mietete der gelernte Maurer bereits 1999 eine konspirative Wohnung für die Zelle sowie später drei Wohnmobile, die bei Überfällen und einem Sprengstoffanschlag in Köln zum Einsatz gekommen sein sollen.

Die Zwickauer Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) wollte offenbar auch weitere Rechtsextremisten anwerben, die sich an Verbrechen gegen Ausländer beteiligen. Das legt dem Nachrichtenmagazin "Focus" zufolge ein bislang unveröffentlichter Filmausschnitt nahe, der in der Endfassung des 15-minütigen "Paulchen-Panther-Videos" der NSU nicht auftauchte. Die Sequenz fanden Spezialisten des Bundeskriminalamtes "Focus" zufolge auf der Computer-Festplatte von Uwe B., Uwe M. und Beate Z. Sie war unter dem Dateinamen "militär ali3 mit schuss.avi" gespeichert. Zu sehen ist ein Plakat mit dem NSU-Logo und der Aufschrift "Mitstreiter gesucht im Kampf gegen die Kanackenflut". Die Ermittler gehen davon aus, dass die Terrorbande das Plakat ursprünglich an den Anfang ihres Propagandafilms stellen wollte, um Gleichgesinnte für die Jagd auf Einwanderer zu rekrutieren. Weitere Ausschnitte, die nicht in der finalen Version des Videos vorkommen, geben Einblick in die Tatplanungen des NSU. Demnach erwogen die Terroristen, bei ihrem Anschlag im Juni 2004 in Köln, bei dem 22 Menschen verletzt wurden, keine Nagelbomben zu benutzen, sondern Brandbeschleuniger. Ein Fahnder sagte "Focus": "Offenbar wollten sie ein Inferno mit vielen Toten anrichten."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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