Kentler-Experimente: Missbrauch war durch Netzwerk weit über Berlin hinaus möglich
Archivmeldung vom 22.12.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićLaut einem Zwischenbericht zu dem Missbrauch durch das sogenannte Kentler-Experiment erstreckt sich das Netzwerk über viele Personen, auch weit über Berlin hinaus. Das vermeintliche Kinder- und Jugendhilfeprojekt ermöglichte den Missbrauch Minderjähriger durch Pädophile. Dies berichtet das Magazin "RT DE".
Weiter berichtet RT DE: "Der Missbrauch zahlreicher Minderjähriger in dem als Kentler-Experiment
bekannt gewordenen Skandal ist offenbar weit über Berlin hinaus
gegangen. Viele Personen und sogar Institutionen der Kinder- und
Jugendhilfe haben es ermöglicht. Das zeigt ein Zwischenbericht zu den
Experimenten um den Sexualwissenschaftler und Professor für
Sozialpädagogik, Helmut Kentler (1928 bis 2008).
Laut dem
Forschungsbericht, der am Montag in Berlin vorgestellt wurde, waren
nicht nur Kentler und sein direktes Umfeld an der Vermittlung von
Pflegekindern und -jugendlichen an vorbestrafte Pädophile beteiligt war,
sondern auch verschiedene Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe
weit über Berlin hinaus.
Kentlers sogenannte Experimente, die zwischen den 1970er Jahren bis
Anfang 2000 stattfanden, und die Mitverantwortung des Landesjugendamts
wurden bereits in zwei wissenschaftlichen Forschungsarbeiten analysiert.
Am Montag stellte ein Projektteam der Universität Hildesheim bei einer
Pressekonferenz der Senatsbildungsverwaltung den dritten Zwischenbericht
vor. Die Berliner Bildungsverwaltung hatte ihn initiiert. Er bezieht
sich auf ganz Deutschland.
Laut der Berliner Senatorin für
Bildung, Jugend und Familie, Astrid-Sabine Busse (SPD), selbst
Pädagogin, zeige der Bericht, wie komplex die Strukturen sind. "Umso
wichtiger ist es hier, die Aufarbeitung weiter voranzutreiben." 1.150
Akten der Bildungsverwaltung wurden untersucht, 30 Fallakten sowie zwei
damals Betroffene haben zu den neueren Erkenntnissen beigetragen.
Eine
betroffene Person habe von pädophilen Strukturen in einer Kirche in
Westdeutschland berichtet, die mit Kentler in Verbindung stand. Die
Täter, die dies ermöglicht haben, und ihre Mitwisser haben sich demnach
gegenseitig geschützt. Die Wissenschaftlerin Carolin Oppermann von der
Universität Hildesheim erwähnte unter anderem eine Person, die in den
1970er Jahren in Berlin in der Wohnung des Psychologen und
Sexualforschers Helmut Kentler lebte und von ihm missbraucht wurde.
Damals hatte das Landesjugendamt die Vermittlung geduldet, weil die
Familie in vermeintlich guten sozialen Verhältnissen lebte.
Die
Jugendämter, die die Anordnung trafen, gingen damals noch davon aus,
dass sie den Kindern zu einem besseren Leben verhalfen und vertrauten
dem damals renommierten Wissenschaftler. Allerdings wurden die
zugewiesenen neuen Verhältnisse fast nie kontrolliert.
Zwar habe das Landesjugendamt in Berlin eine zentrale Rolle gespielt, "jedoch sind vielfältige Akteure und Akteurinnen auch über Berlin hinaus am Hilfeverlauf beteiligt. So lassen sich zum Beispiel Unterbringungen in den Martin-Bonhoeffer-Häusern in Tübingen (…) nachweisen." Laut den Forschern konnten sich alleinstehende Männer aus Westdeutschland junge Menschen aus Berlin, besonders aus dem Haus Tegeler See "aussuchen" und zu sich "in Pflege oder Sonderpflege" nehmen. "Dies war möglich gewesen, da persönliche Netzwerke durch die unterschiedlichen Institutionen bestanden." Akteure und Mitwisser haben sich demnach gegenseitig geschützt.
Die jeweils zuständigen lokalen Jugendämter über
Berlin hinaus hätten zumindest eine diffuse Rolle gespielt. Sie hätten
sich in ihrer Zuständigkeit nicht klar positioniert. Sie hätten das
Landesjugendamt Berlin um Bestätigung der von ihnen erteilten
Pflegeerlaubnis gebeten. Dieses Landesjugendamt habe "seine Rolle als
pädagogischer Gestalter von Schutzmaßnahmen (…) nicht hinreichend"
ausgefüllt, schreiben die Forscher in ihrem Zwischenbericht.
Vier Betroffene haben sich bisher persönlich zu Wort gemeldet. Wie viele Personen tatsächlich betroffen sind, konnten die Wissenschaftler nicht sagen. Sie bitten Betroffene, sich bei der Senatsbildungsverwaltung oder direkt bei der Universität Hildesheim zu melden."
Quelle: RT DE