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Sterbefallzahlen im November 2021: 20% über dem mittleren Wert der Vorjahre: COVID-19 nicht dafür verantwortlich

Archivmeldung vom 14.12.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.12.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Statistisches Bundesamt
Statistisches Bundesamt

Bild: Eigenes Werk /OTT

Nach einer Hochrechnung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) sind im November 2021 in Deutschland 92 295 Menschen gestorben. Diese Zahl liegt 20 % über dem mittleren Wert (Median) der Jahre 2017 bis 2020 für diesen Monat (+15 612 Fälle). Dies geht aus einer Sonderauswertung der vorläufigen Sterbefallzahlen hervor.

Durch ein Hochrechnungsverfahren unvollständiger Meldungen können die ersten Sterbefallzahlen für Deutschland nach etwa einer Woche veröffentlicht werden. In der 48. Kalenderwoche (vom 29. November bis 5. Dezember) lagen die Zahlen 28 % über dem mittleren Wert der Vorjahre.

Gemeldete COVID-19-Todesfälle erklären den Anstieg nur zum Teil

Ein Vergleich der gesamten Sterbefälle mit der Zahl der beim Robert Koch-Institut (RKI) gemeldeten COVID-19-Todesfälle nach Sterbedatum ist derzeit bis einschließlich der 46. Kalenderwoche 2021 (15. bis 21. November) möglich. Die gesamten Sterbefallzahlen lagen in dieser Woche um 4 148 Fälle oder 23 % über dem mittleren Wert der Vorjahre. Beim RKI wurden bislang 1 656 COVID-19-Todesfälle mit Sterbedatum in dieser Woche gemeldet. Mit Nachmeldungen ist noch zu rechnen. Demnach erklären die beim RKI gemeldeten COVID-19-Todesfälle den Anstieg nur zum Teil. Für den dadurch nicht erklärbaren Anstieg der Sterbefallzahlen sind mehrere Ursachen denkbar: So können hier unerkannte COVID-19-Todesfälle oder die zeitliche Verschiebung von Sterbefällen innerhalb eines Jahres infolge der zum Jahresbeginn ausgefallenen Grippewelle eine Rolle spielen (sogenanntes "mortality displacement"). Möglicherweise zeigen sich auch die Folgen verschobener Operationen und Vorsorgeuntersuchungen. Der Beitrag einzelner Effekte lässt sich allerdings derzeit nicht beziffern.

Stark erhöhte Sterbefallzahlen in fast allen Bundesländern

Auf Länderebene lassen sich die Sterbefallzahlen derzeit bis einschließlich der 45. Kalenderwoche (8. bis 14. November) abbilden. In dieser Woche lagen sie in 15 der 16 Bundesländer über dem jeweiligen mittleren Wert der Vorjahre. Am höchsten war die Abweichung in Thüringen (+43 % oder 237 Fälle), Sachsen (+37 % oder 382 Fälle) und Bayern (+30 % oder 758 Fälle). In Bremen lagen die Sterbefallzahlen im Bereich des Vergleichswertes aus den Vorjahren. Die Befunde zur Übersterblichkeit sind damit in den Bundesländern am deutlichsten, in denen auch das Infektionsgeschehen in den vorangegangenen Wochen am höchsten war. In Thüringen, Sachsen und Bayern erklären die bislang beim RKI gemeldeten COVID-19-Todesfälle jedoch nur ungefähr die Hälfte des Anstiegs der Sterbefallzahlen in der 45. Kalenderwoche.

Erhöhte Sterbefallzahlen im November auch in anderen europäischen Ländern

Das EuroMOMO-Netzwerk zur Beobachtung von Sterblichkeitsentwicklungen ordnet Befunde zur Übersterblichkeit auf Basis einer eigenen Hochrechnung unvollständiger Meldungen und eines eigenen Übersterblichkeitskonzepts europaweit vergleichend ein. In den Novemberwochen wurde in vielen europäischen Ländern eine niedrige oder moderate Übersterblichkeit ("low excess" oder "moderate excess") festgestellt, darunter auch in Deutschland. Auch in Deutschlands Nachbarländern Belgien, Dänemark und Österreich gab es für mehrere Novemberwochen einen derartigen Befund. In den Niederlanden wird die Übersterblichkeit in drei Novemberwochen als hoch und als sehr hoch ("high excess" und "very high excess") eingeordnet.

Methodische Hinweise zu den Sterbefallzahlen für Deutschland:

Grundlage der Sonderauswertung für das Jahr 2021 sind erste vorläufige Daten (Rohdaten). Dabei handelt es sich zunächst um eine reine Fallzahlauszählung der eingegangenen Sterbefallmeldungen aus den Standesämtern ohne die übliche Plausibilisierung und Vollständigkeitskontrolle der Daten. Durch gesetzliche Regelungen zur Meldung von Sterbefällen beim Standesamt und Unterschiede im Meldeverhalten der Standesämter an die amtliche Statistik sind diese Daten noch unvollständig.

Aufgrund der hohen Relevanz aktueller Sterbefallzahlen in der Corona-Pandemie hat das Statistische Bundesamt ein Schätzmodell zur Hochrechnung der unvollständigen Daten entwickelt. Mit diesem Modell lassen sich bundesweite Sterbefallzahlen bereits nach etwa einer Woche bereitstellen. Dabei werden die Sterbefallzahlen der letzten neun dargestellten Wochen auf Basis der bislang eingegangenen Meldungen aus den Standesämtern hochgerechnet. Die Zahlen können deshalb zu einem späteren Zeitpunkt geringfügig höher oder geringfügig niedriger sein. Die Schätzung basiert auf in der Vergangenheit beobachteten Mustern im Meldeverzug, die sich regional zum Teil deutlich unterscheiden. Miteinander vergleichbare Ergebnisse für die Bundesländer liegen deshalb erst nach etwa vier Wochen vor. Die Sonderauswertung wird wöchentlich auf der Themenseite "Sterbefälle und Lebenserwartung" aktualisiert. Neue Ergebnisse stehen jeden Dienstag zur Verfügung.

Anhand der vorläufigen Sterbefallzahlen lassen sich Phasen der Übersterblichkeit im Laufe eines Jahres identifizieren. So werden direkte und indirekte Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Sterbefallzahlen zeitnah sichtbar. Hierfür wird ein Vergleich zu einem mittleren Wert (Median) mehrerer Vorjahre herangezogen, um das unterschiedliche Ausmaß von saisonal wiederkehrenden Effekten (z. B. durch Grippe- oder Hitzewellen) zu berücksichtigen. Der Effekt der steigenden Lebenserwartung und des steigenden Anteils älterer Menschen auf die zu erwartende Zahl an Sterbefällen kann in diesen Vergleich nicht einberechnet werden.

Der Median wird für den Vergleich mit den Vorjahren seit Berichtsmonat Juli 2021 verwendet. Zuvor waren die aktuellen Sterbefallzahlen mit dem arithmetischen Mittel der Vorjahre verglichen worden. Der Median hat gegenüber dem arithmetischen Mittel den Vorteil, weniger anfällig gegenüber einmaligen Sonderentwicklungen und Ausreißern zu sein. Ansonsten würde die zweite Corona-Welle ab Oktober 2020 das Durchschnittsniveau so weit anheben, dass man die aktuellen Werte nicht mit einer "normalen" Sterblichkeit, sondern mit einer durch außergewöhnliche Effekte überhöhten Sterblichkeit vergleichen würde. Der Rückgriff auf den Median ermöglicht in diesem Zusammenhang eine sinnvollere Einordnung des weiteren Jahresverlaufes. Weitere Informationen zur Berechnung und Verwendung des Medians enthält die Pressemitteilung Nr. 373 vom 10. August 2021.

Ab März 2020 lassen sich die Zahlen nur vor dem Hintergrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie interpretieren. Neben der Vermeidung von COVID-19-Todesfällen können die Maßnahmen und Verhaltensänderungen auch dafür gesorgt haben, dass weniger Sterbefälle durch andere Infektionskrankheiten wie beispielsweise die Grippe verursacht werden, was sich ebenfalls auf den Vergleich mit Vorjahren auswirkt. Rückgänge oder Anstiege bei anderen Todesursachen können ebenfalls einen Effekt auf die gesamten Sterbefallzahlen haben. Über die Häufigkeit einzelner Todesursachen können die Sterbefallzahlen jedoch keine Auskunft geben.

Für die abschließende Einordnung der Sterblichkeitsentwicklung werden die Sterbefälle noch ins tatsächliche Verhältnis zur Bevölkerung gesetzt, um beispielsweise auch den Alterungsprozess der Bevölkerung einzubeziehen. Die dafür erforderlichen endgültigen Ergebnisse inklusive aller Nachmeldungen liegen turnusgemäß zur Mitte des jeweiligen Folgejahres vor. Informationen zu derartigen Ergebnissen für das Kalenderjahr 2020 bietet die Pressemitteilung Nr. 331 vom 9. Juli 2021. Auskunft über die Entwicklung einzelner Todesursachen im Jahr 2020 gibt die Pressemitteilung Nr. 505 vom 5. November 2021.

Die vorläufigen Sterbefallzahlen beziehen sich auf den Sterbetag, nicht auf das Meldedatum. Da die gemeldeten COVID-19-Todesfälle vom RKI nach Sterbedatum derzeit bis zur 46. Kalenderwoche 2021 veröffentlicht werden, ist ein zeitlicher Vergleich mit den vorläufigen Gesamtsterbefallzahlen aktuell bis zu dieser Woche möglich. Fälle, für die keine oder unplausible Angaben zum Sterbedatum übermittelt wurden, sind nicht enthalten. Diese Ergebnisse sind noch nicht für den Meldeverzug korrigiert und werden sich voraussichtlich durch Nachmeldungen noch weiter erhöhen. Weitere Hintergrundinformationen zu diesen Daten gibt es im Internetangebot des RKI.

Quelle: Statistisches Bundesamt (ots)


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