"Das Zusammensein in der Masse ist wie emotionales Doping"
Archivmeldung vom 19.05.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Münchner Sozialpsychologe Heiner Keupp über Massenemotionen, Fußballstadien und unsere Sehnsucht nach dem Wir-Gefühl, jetzt in emotion.
Im Büro würden wir uns nie so verhalten: rumbrüllen, den Kollegen
in den Armen liegen, gemeinsam weinen. Das ist bloß im Stadion
möglich. Da "können Menschen diese Triebe ausleben", sagt
Sozialpsychologe Heiner Keupp. "Es ist wie ein großer Tempel, der
dafür gemacht ist."
Der Mensch sei schließlich ein Gruppenwesen, so der Psychologe.
Früher waren es Stammeskulturen oder Dorfgemeinschaften, die das
große Wir-Gefühl bei uns auslösten, heute finden wir es fast nur noch
bei Massenereignissen. Und die sind verführerisch: "Es entsteht eine
ganz starke Verbundenheit mit anderen Menschen, wie man sie sonst nur
als Liebespaar oder in der Eltern-Kind-Beziehung erlebt", so der
Experte im Interview mit emotion. "Das Gefühl kommt auf: Wir sind
geeint."
Kein Wunder also, dass wir Massenemotionen so lieben. Und manchmal
auch fürchten: Denn "gerade Leute, die in ihrem Leben nicht sehr
erfolgreich sind, fühlen sich in dem großen Wir ganz gut aufgehoben.
Sie können für einen Moment ihre kleine Existenz vergessen und in der
Masse versinken. Und wir alle sehnen uns nach dem Aufgehobensein im
Kollektiv, das uns Stärke und Größe vermittelt. Die Mehrheit der
Menschen lässt sich mitreißen." Das komplette Interview sowie
Geschichten von Menschen, die erzählen, warum sie so gern ins Stadion
gehen, jetzt in emotion.
Quelle: Pressemitteilung Gruner + Jahr, emotion