Grass hat schon als junger Mann SS-Mitgliedschaft gestanden
Archivmeldung vom 26.04.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittLiteratur-Nobelpreisträger Günter Grass hat seine umstrittene SS-Mitgliedschaft nicht bis ins hohe Alter verschwiegen, sondern nach Angaben des Verlegers Klaus Wagenbach schon Anfang der 60er Jahre offen darüber gesprochen. Das geht aus einem Beitrag von Wagenbach für die ZEIT hervor.
"Vor einigen Wochen fiel mir ein
schwarzer Umschlag mit dem Titel 'Grass-Monographie' in die Hand. Er
enthält zehn Blätter, auf denen ich mir Notizen für eine Monografie
über Günter Grass gemacht hatte ... Bei der Lektüre dieser Notizen
las ich an einer bestimmten Stelle etwas ganz anderes als erwartet:
'Die Majorität der Klasse meldete sich zur Marine (auch G.), kam aber
zu den Panzern. G. kam zur Sturmgeschützabteilung eines
Panzerregiments. Zuerst Dresden, dann Tschechoslowakei und Lüneburger
Heide. Januar/Febr. 45 Marschbefehl zur Kompanie zuerst Schlesien,
dann Berlin (Gruppe Steiner, SS) erster Einsatz, März/April'. Das
heißt: Bis 1963 hat Günter Grass keineswegs verschwiegen, dass er in
der SS war, und es ist auch mit Gewissheit keine Äußerung nur mir
gegenüber gewesen (die Interviews waren ohnehin zur Veröffentlichung
bestimmt)."
Wagenbach, der 1965 ein Theaterstück von Grass in seinem Verlag
veröffentlichte, erinnert sich noch, wie es zu seinen Notizen
gekommen ist: "Ich wusste sofort, wo und wann: im Sommer 1963 in
einem Ferienhaus der Schwiegereltern von Grass im Tessin. Wir waren
damals sehr befreundet, ich war auch einige Jahre sein Lektor. Obwohl
Grass zu dieser Zeit schon ein bekannter und in viele Sprachen
übersetzter Autor war, existierte noch keine biografische
Darstellung. So gab er mir zahlreiche Interviews, ich schrieb mit,
und wir kamen, chronologisch, bis 1953. Das Projekt zerschlug sich
dann."
Die SS-Mitgliedschaft von Grass war im großen Stil erst vergangenes Jahr bekannt geworden. Das hatte dem Autor viel Ärger eingebracht, weil er selbst in der Vergangenheit die Beschönigung von NS-Biografien kritisiert hatte.
Quelle: Pressemitteilung DIE ZEIT