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Zahl der Privatinsolvenzen in Deutschland 2020 erneut gesunken: Kräftiger Anstieg der Insolvenzen erwartet

Archivmeldung vom 04.03.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.03.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: Thorben Wengert  / pixelio.de
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

Die Privatinsolvenzen sind in Deutschland im Jahr 2020 trotz der Corona-Pandemie erneut gesunken. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 56.324 private Insolvenzen und damit 35,1 Prozent weniger als 2019. So lauten die zentralen Ergebnisse aus dem "Schuldenbarometer 2020" des Informationsdienstleisters CRIFBÜRGEL.

Die Privatinsolvenzen sind 2020 das zehnte Mal in Folge auf den niedrigsten Stand seit 2004 (39.213 Privatinsolvenzen) gefallen. Im Vergleich zum Insolvenzrekordjahr 2010, als 139.110 Privatpersonen innerhalb eines Jahres eine Insolvenz anmelden mussten, haben sich die Privatpleiten im letzten Jahr damit mehr als halbiert (minus 59,5 Prozent).

Es gibt vor allem drei Gründe, warum die Privatinsolvenzen in Deutschland während der Corona-Pandemie so stark gesunken sind. So haben Kurzarbeit und auch eigene Ersparnisse die finanzielle Schieflage von Bundesbürgern teilweise abgemildert. Zudem gab es 2020 eine deutliche Zurückhaltung bei Anschaffungen und eine Einschränkung des Konsums bei den Privatpersonen. Zweitens war das Angebot bei den Schuldnerberatungen stark eingeschränkt, wie unter anderem die Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein berichtet, so dass viele überschuldete Verbraucher*innen im letzten Jahr auf eine Beratung verzichtet oder diese bewusst verschoben haben. Für Privatpersonen besteht bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung keine unmittelbare Insolvenzantragspflicht.

Dass die Privatinsolvenzzahl derart niedrig ist, liegt auch daran, dass viele Privatpersonen letztes Jahr entsprechende Anträge zurückgehalten haben. Sie wollten von einer Gesetzesreform profitieren, die Betroffenen von Privatinsolvenzen künftig schon nach drei, statt wie bisher nach sechs Jahren eine Restschuldbefreiung ermöglicht. Da diese Reform ein großer Vorteil für verschuldete Privatpersonen ist, haben viele Antragssteller auf den entsprechenden Beschluss des Bundestages gewartet. Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre wird rückwirkend auch für alle Insolvenzverfahren gelten, die ab dem 1. Oktober 2020 beantragt wurden. Damit können auch diejenigen Schuldnerinnen und Schuldnern bei einem wirtschaftlichen Neuanfang unterstützt werden, die durch die Covid-19-Pandemie in die Insolvenz geraten sind.

"Die rückläufigen Privatinsolvenzen sind nicht als Zeichen der Entspannung zu interpretieren, sondern als der Anfang einer Insolvenzwelle. Die Zahlen verschleiern die tatsächliche finanzielle Situation vieler Privatpersonen. Die Corona-Krise ist ein Beispiel dafür, wie ein Ereignis von außen die Lage vieler Menschen verschärfen kann", kommentiert CRIFBÜRGEL Geschäftsführer Dr. Frank Schlein die aktuellen Zahlen.

"Ohne die Corona-Pandemie hätte es im letzten Jahr bis zu 25.000 mehr Privatinsolvenzverfahren in Deutschland gegeben", so Schlein. "Diese werden nachgelagert zu den diesjährigen Insolvenzen hinzukommen. Daher gehen wir auf Basis unserer Modellberechnungen für 2021 aktuell von bis zu 90.000 Privatinsolvenzen aus. Die Insolvenzstatistiken beziehen sich auf eine Situation in der Vergangenheit. Daher werden die wirtschaftlichen Folgen durch die Corona-Krise erst 2021 und auch 2022 einen Einfluss auf die Insolvenzzahlen haben", erklärt Schlein. "2022 könnte es dann 100.000 Privatinsolvenzen in Deutschland geben."

Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sind nicht nur für Beschäftigte im Niedriglohnbereich existenzbedrohend, sondern auch im mittleren Einkommensbereich z.B. durch Kurzarbeit deutlich spürbar. Zudem wird die höhere Arbeitslosigkeit wieder zu mehr Privatinsolvenzen führen, da die betroffenen Verbraucher bei weiterhin hohen Kosten über weniger Geld verfügen. So bleibt den Menschen weniger Geld, um ihren Verpflichtungen wie Kreditzahlungen, Mieten oder Finanzierungen nachzukommen. Auf Dauer führt weniger Einkommen erst in die Überschuldung und dann in die Privatinsolvenz.

Die nördlichen Bundesländer sind auch 2020 stärker von Privatinsolvenzen betroffen als der Süden Deutschlands. So führt Bremen die Statistik mit 112 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohnern an. Es folgt Niedersachsen mit 104 Insolvenzfällen je 100.000 Einwohner. Im Bundesdurchschnitt wurden im vergangenen Jahr 68 Privatpleiten je 100.000 Einwohner angemeldet. Über diesem Schnitt rangieren auch die Länder Sachsen-Anhalt (95), Schleswig-Holstein (87), Brandenburg (79), das Saarland (78), Nordrhein-Westfalen und Hamburg (je 74) sowie Mecklenburg-Vorpommern (73). Am wenigsten Privatinsolvenzen gab es 2020 in Bayern (44 Fälle je 100.000 Einwohner), Baden-Württemberg (50) und Thüringen (54).

In der Statistik der absoluten Privatinsolvenzzahlen stehen Nordrhein-Westfalen (13.322), Niedersachsen (8.346) und Bayern (5.769) an der Spitze.

Quelle: CRIF Bürgel GmbH (ots)

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