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Anwalt von Marco erhebt schwere Vorwürfe gegen deutsche Politiker

Archivmeldung vom 06.09.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.09.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Kurz vor dem vierten Verhandlungstag gegen Marco W. in der Türkei hat dessen Anwalt Matthias Waldraff schwere Vorwürfe gegen deutsche Politiker erhoben. Die Einmischung der Politik in das Verfahren habe dem 17-Jährigen geschadet.

"Hier waren die Blutgrätschen an den falschen Stellen zu stark. Und hier hat man versucht, sich auf dem Rücken dieses 17-jährigen Jungen, der hilflos in Haft war, politisch zu profilieren", sagte Waldraff gegenüber dem NDR-Politikmagazin "Panorama" (Sendung: Donnerstag, 6. September, 21.45 Uhr, Das Erste).

Marco W. ist in der Türkei wegen versuchter Vergewaltigung angeklagt. Der Jugendliche sitzt seit fast fünf Monaten in Antalya in Untersuchungshaft. Deutsche Politiker hatten wegen des Verfahrens u. a. die Europa-Tauglichkeit der Türkei in Frage gestellt. Der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm hatte davon gesprochen, er würde nicht mehr mit Jugendgruppen in die Türkei fahren.

"Als ich das hörte, habe ich gedacht: 'Wenn das Kind dieses Politikers im türkischen Knast säße, dann denke ich, hätte er es gelassen, und sich nicht so geäußert", sagte Waldraff im "Panorama"-Interview. "Das sind Sätze und Kommentare, die dem Jungen und seinen Eltern in starkem Maße geschadet haben."

Marco W. soll laut Anklage versucht haben, ein 13-jähriges Mädchen aus Großbritannien zu vergewaltigen. Die beiden hatten sich in einem Hotel in Side kennengelernt und eine Nacht zusammen verbracht. Dabei sei es nicht zum Geschlechtsverkehr gekommen, behauptet Marco. Er habe nichts gegen den Willen der 13-Jährigen getan.

Diese Aussage stützt der türkische Gynäkologe Levent Hekim, der das Mädchen untersucht hatte. "Sie sagte, er sei ihr Freund und Nichts sei gegen ihren Willen geschehen", sagte Hekim gegenüber "Panorama".
Marco droht eine hohe Haftstrafe, da das Mädchen erst 13 Jahre alt ist. Er hatte im Prozess ausgesagt, er habe sie für älter gehalten. Auch das stützt der Arzt. "Mein erster Eindruck war, dass sie 16 bis 17 ist. Erst als ich das Aufnahmeprotokoll sah, bemerkte ich, dass ihr Alter 13 war. Ich konnte das gar nicht glauben. Ich habe noch mal extra nachgefragt: 'Ist sie wirklich erst 13?' Und die Mutter sagte: 'Ja'", so Hekim.

Weil das Mädchen minderjährig ist, musste der Arzt von Amtswegen die Polizei einschalten. "Ich habe gesagt: 'Schau, du bist zu jung, ich muss die Polizei informieren.' 'Nein', sagte sie: 'Das ist nicht nötig. Es ist nichts passiert.'" Nach Angaben von Hekim sei Charlotte völlig unaufgeregt gewesen.

Der Fall hat in der deutschen und türkischen Boulevardpresse für großes Aufsehen gesorgt. Ein Reporter des türkischen Massenblattes Hürriyet hatte ein Interview mit dem minderjährigen Marco W. im Gefängnis geführt, ohne die Eltern oder Anwälte um Genehmigung zu fragen. Die Erlaubnis, ins Gefängnis zu gehen, habe das Blatt vom türkischen Justizministerium selbst erhalten.

Der Hürriyet-Reporter Dursun Gündogdu, der das Interview geführt hat, räumt inzwischen ein, dass der Vorgang problematisch sei: "Ok, wir haben einen Fehler gemacht. Wir haben mit einem Minderjährigen ein Interview gemacht und wir haben diese Bilder verkauft. Auch das deutsche Fernsehen hat diese Bilder benutzt. Wir haben versucht, die Wahrheit zu berichten. Aber Marco ist minderjährig, und die Eltern hätten die Einwilligung geben müssen. Das ist auch im türkischen Recht so", gab der Reporter der Hürriyet Dursun Gündogdu gegenüber "Panorama" zu.

Quelle: Pressemitteilung NDR Norddeutscher Rundfunk

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