Anwaltverein lehnt DNA-Analysen zu Fahndungszwecken ab
Archivmeldung vom 25.10.2019
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Freigeschaltet durch André OttDer Deutsche Anwaltverein (DAV) hat die Bundesregierung davor gewarnt, Ermittlern neue Befugnisse bei DNA-Analysen zu geben. Der Passus im Gesetzentwurf zur Modernisierung des Strafverfahrens, der am Mittwoch das Kabinett passierte, sei ein "Tabubruch", sagte DAV-Hauptgeschäftsführer Philipp Wendt dem "Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe.
Es gehe um einen "unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht". Polizisten sollen künftig DNA-Spuren, die den Ermittlern nicht bekannte Personen am Tatort hinterlassen haben, auf die Farbe von Augen, Haaren und Haut analysieren dürfen. Auch das ungefähre Alter von Gesuchten wäre ermittelbar, um Fahndungen zu erleichtern. Wendt forderte, der Bundestag solle den Passus kippen, bevor er das Gesetz beschließe.
Der Kriminologe Christian Pfeiffer kritisierte, der Entwurf wecke "Erwartungen, die nicht erfüllbar sind".
Die Wissenschaft sei noch nicht weit genug. Vorhersagen lägen bei blonden Haaren in nur 70 Prozent der Fälle richtig, so der Kriminologe weiter. "Der Innenminister muss Geld investieren, damit die Forschung vorankommt", sagte Pfeiffer dem "Spiegel".
Auch im Bundesrat, der zu dem Entwurf Stellung nehmen muss, gibt es bereits Änderungswünsche. Die niedersächsische Justizministerin Barbara Havliza (CDU) will erreichen, dass auch das Alter von Beschuldigten ermittelt werden darf, wenn dieses nicht aus Dokumenten sicher hervorgeht.
"Eine DNA-Untersuchung ist für den Betroffenen ein wesentlich geringerer Eingriff als die bisherigen Methoden", sagte Havliza dem "Spiegel". Es sei ein Unterschied, "ob ein Röntgengerät zum Einsatz kommt oder ein Wattestäbchen", so die CDU-Politikerin weiter. DNA lässt sich mit einer Speichelprobe gewinnen. Sollte der Bundestag die neuen Regeln absegnen, müssten die Behörden bundesweit knapp fünf Millionen Euro allein für neue Analysegeräte ausgeben.
Quelle: dts Nachrichtenagentur