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Cornelia Pieper ließ sich nach dem Freitod ihres Mannes fachmännisch helfen

Archivmeldung vom 06.08.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.08.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Cornelia Pieper Bild: fdp-fraktion.de
Cornelia Pieper Bild: fdp-fraktion.de

"Wer glaubt, bei psychischen Problemen oder gar Depressionen alleine damit fertig werden zu können, der irrt", sagt Cornelia Pieper (55) im Interview mit der People-Zeitschrift FRAU IM SPIEGEL. Die ehemalige FDP-Generalsekretärin und Ex-Staatsministerin im Auswärtigen Amt musste 2013 den Freitod ihres Mannes verkraften. Sie habe auch fachmännische Hilfe in Anspruch genommen und könne es nur jedem in einer ähnlichen Situation raten. "Es ist wichtig, dass man Veränderungen - egal ob es Mitmenschen oder einen selbst betrifft - nicht negiert und professionelle Hilfe zulässt."

Wie sie inzwischen aus vielen persönlichen Gesprächen wisse, seien solche Veränderungen oftmals vielleicht schon ein Zeichen für eine beginnende Depression. Das dürfe man nicht unterschätzen, denn es handele sich dabei um "eine schwere Krankheit, die immer mehr Menschen betrifft und dringend aus der Tabu-Ecke raus muss. Niemand muss sich dafür schämen." Sie wolle die Menschen wachrütteln, viel hellhöriger und aufmerksamer zu sein, wenn sich jemand zurückzieht und in sich gekehrter wird. "Heute weiß ich, wie ernst man solche Veränderungen nehmen muss."

Nur drei Monate nach dem Tod ihres Mannes hat Cornelia Pieper Wahlkampf gemacht. "Anfangs war es sehr schwer, aber es hat mich abgelenkt", erzählt sie. "Meinem Mann hätte das gefallen, denn Lutz war stolz auf mich und meine Arbeit. Er hat mich oft begleitet, für die Wahlkämpfe haben wir uns lustige Sachen ausgedacht." Obwohl er viele Dinge kritisch gesehen habe, habe er sich absolut mit der Partei identifiziert. Ob sie noch immer über das Warum grübelt? - "Natürlich lässt einen diese Frage nicht los. Nach seinem Tod sind mir immer mehr Dinge ins Gedächtnis gekommen, denen man vielleicht mehr Aufmerksamkeit hätte schenken müssen. Er wurde verschlossener, zog sich mehr zurück, begleitete auch mich nicht mehr zu Terminen, aß kaum noch mit uns gemeinsam am Tisch. Im Alltagsstress dachte ich leider, er will einfach seine Ruhe." Cornelia Pieper versucht "nach vorne zu blicken, auch wenn ich das letzte Jahr noch nicht überwunden habe." Das tue sie für ihren Sohn und ihre Mutter, die ihr beide "viel Kraft geben" und für die sie Verantwortung habe.

Am 15. August geht Cornelia Pieper als Generalkonsulin nach Polen. "Ich kehre zurück zu meinen Wurzeln", erklärt sie. "Mein Studium der polnischen und russischen Literatur an der Warschauer Universität fiel in die Zeit der Solidarnosc und war der Beginn meines politischen Interesses." Jetzt gehe sie bewusst nach Danzig, weil sie nach dem Tod ihres Mannes Abstand gewinnen wolle, "um nochmals in Ruhe über alles nachzudenken, und um wieder zu mir selbst zu finden". Und wer stand ihr aus der Politik in dieser schweren Zeit zur Seite? - "Allen voran Guido Westerwelle, der auch meinen Mann gut kannte. Er ist ein langjähriger, guter und sehr verlässlicher Freund, den ich jederzeit anrufen kann", sagt sie. Deswegen treffe sie die Nachricht von seiner Leukämie-Erkrankung so entsetzlich. "Ich bin in Gedanken immer bei ihm, ich leide mit ihm."

Auf die Frage, wie die FDP wieder aus ihrem Tief herauskommen könne, antwortet sie, dass die FDP nicht nur Bürgerrechts- und Wirtschaftspartei sei. Sie stehe genauso für mehr Chancengerechtigkeit im Bildungs- und Sozialbereich. "Davon profitiert jeder einzelne Bürger. Das müssen wir endlich auch so kommunizieren", findet sie. "Und: Verstand ist wichtig in der Politik, doch die Menschen erreicht man nur, wenn man mit dem Herzen redet, dann hören sie uns wieder zu." Cornelia Pieper: "Neben Christian Lindner und der jungen Generation brauchen wir ebenso die Älteren mit ihrer Lebenserfahrung an der Parteispitze. Die liberalen Frauen müssen wieder sichtbarer werden und sich gegenseitig besser unterstützen. Und wir brauchen wieder mehr Bürgernähe, müssen den Mut haben, zurück auf Straßen und Marktplätze zu gehen."

Wie weh ihr das Scheitern der FDP persönlich tut? - "Natürlich ist eine Portion Wehmut dabei, denn die Politik ist mein halbes Leben", gesteht die 55-Jährige. Dennoch beende sie das Kapitel mit einem inneren Frieden. "Ich habe alles gegeben und hatte die Chance, viele positive Dinge zu bewirken."

Am 30. April 2013 hatte Cornelia Pieper ihren ein Jahr älteren Mann verloren. Lutz Pieper hatte sich das Leben genommen. Nach 26 Ehejahren blieb die geschockte Witwe zurück mit Sohn Max (29) und der Frage nach dem Warum. Im September flog die FDP aus dem Bundestag, die gelernte Übersetzerin für Polnisch und Russisch war Amt und Mandat los.

Quelle: Frau im Spiegel (ots)

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