Missbrauchsbeauftragter verlangt Konsequenzen aus Fall Lügde
Archivmeldung vom 04.03.2019
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Freigeschaltet durch André OttNach dem Bekanntwerden des systematischen Kindesmissbrauchs auf einem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde fordert der Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, weitreichende Konsequenzen.
"Zur bestmöglichen Kooperation und ressortübergreifenden Koordination sollten Missbrauchsbeauftragte in allen Bundesländern eingerichtet werden", sagte Rörig dem Nachrichtenportal T-Online. Er kritisierte eine schlechte Personalausstattung, eine mangelhafte Ausbildung und falsche Strukturen im Kampf gegen Kindesmissbrauch. Ganz grundsätzlich sei es so, "dass Beamte nicht ausreichend qualifiziert und fortgebildet sind im speziellen Feld der sexuellen Gewalt gegen Minderjährige", sagte Rörig zu T-Online. "Wir brauchen deshalb Kompetenzzentren bei den Polizeibehörden der Länder."
Rörig schlug auch eine andere Struktur der Gerichte vor: "Wichtig wären Schwerpunktgerichte auch für Jugendschutzverfahren, wie wir sie zum Beispiel für Wirtschaftsstrafsachen haben. Durch eine solche Konzentration könnte der Rechtsstaat viel konsequenter gegen Straftäter vorgehen." Zudem müssten mehr Stellen geschaffen werden: "Der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern ist tatsächlich bundesweit ein Riesen-Problem", sagte der Missbrauchsbeauftragte. "Es fehlt oft eine ausreichende und qualifizierte Personalausstattung." Mit Blick auf die Ermittlungen in Lügde sagte er weiter, er könne nicht nachvollziehen, "dass ein Anwärter damit betraut wurde, hochsensibles elektronischen Beweismaterialien zu untersuchen". In Deutschland werden täglich Hunderte Kinder und Minderjährige vergewaltigt oder sexuell missbraucht, schätzt Rörig. "Der sexuelle Missbrauch gehört leider zum Grundrisiko einer Kindheit in Deutschland." Seit den Beratungen des "Runden Tisches" vor etwa neun Jahren habe sich nichts geändert. "Es ist leider kein erkennbarer Rückgang sexueller Gewalt gegen Minderjährige zu verzeichnen", so der Missbrauchsbeauftragte.
Quelle: dts Nachrichtenagentur