Attac: Keine Übernahme von Hess-Natur durch Rüstungskonzern
Archivmeldung vom 15.12.2010
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDas globalisierungskritische Netzwerk Attac hat Proteste gegen die geplante Übernahme des Ökotextilunternehmens Hess-Natur durch den US-amerikanischen Private-Equity-Fonds und Rüstungskonzern Carlyle angekündigt. "Die Kundinnen und Kunden von Hess-Natur sind politisch wache Menschen, die eine sozial und umweltverträgliche Produktion von Textilien fördern wollen und sich sicher nicht daran beteiligen werden, die Kassen eines Panzerbauers zu füllen", sagte Jutta Sundermann vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis.
Attac-Aktive planen für Freitag eine Aktion beim Unternehmenssitz von Hess-Natur in Butzbach, zudem wollen die Globalisierungskritiker im Internet Unterschriften gegen die Übernahme sammeln. "Wir rufen die Kundinnen und Kunden von Hess-Natur sowie alle kritischen Bürgerinnen und Bürger auf, mit ihrer Unterschrift deutlich zu machen, dass sie im Falle einer Übernahme durch Carlyle nicht bei Hess-Natur kaufen werden", sagte Jutta Sundermann. "Je mehr Druck und Wirbel wir machen, umso größer sind unsere Chancen, Carlyle abschrecken." Es sei anzunehmen, dass der Private-Equity-Fonds eine öffentlich geführte kritische Debatte in Deutschland über sein Geschäftsmodell scheue.
Wie aus einem Artikel in der Frankfurter Rundschau vom heutigen Mittwoch hervorgeht, hat Carlyle entgegen ersten Medienberichten nach wie vor starkes Interesse an einer Übernahme von Hess-Natur. Hess-Natur wurde 2001 von der Arcandor-Tochter Primondo übernommen und fiel dann im Zuge der Arcandor-Pleite zusammen mit anderen Spezialversendern an den Karstadt-Quelle-Mitarbeiter-Trust (KQMT). Im November hat Carlyle von KQMT bereits sechs Spezialversender gekauft, darunter Baby-Walz.
Die ehemalige Pressesprecherin von Hess-Natur, Anne Kirchhof, unterstützt den Protest: "Tausende von Menschen als Kunden und hunderte Betriebe als Lieferanten auf der ganzen Welt haben Hess-Natur seit seiner Gründung begleitet und darin unterstützt, umweltverträgliche Standards und faire Handelsbeziehungen über drei Jahrzehnte in der Modeindustrie zu etablieren. Sie folgten der Vision einer menschenfreundlichen, sozialverträglichen und zukunftsfähigen Wirtschaft. Die Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden von Hess-Natur wollen sicher nicht für einen Rüstungskonzern arbeiten oder ihre Kleidung dort kaufen."
Attac engagiert sich über den Fall Hess-Natur hinaus gegen das Geschäftsmodell der als "Heuschrecken" bekannten Private-Equity-Fonds und fordert strenge gesetzliche Regeln für die Branche. "Die Politik gestattet nach wie vor den Kauf und das Ausschlachten, den Weiterverkauf oder die Umwandlung von Unternehmen durch Private-Equity-Fonds. Die neue EU-Regulierung ändert daran zu wenig", sagte Markus Henn von der bundesweiten Attac-Arbeitsgruppe Finanzmärkte. Private-Equity-Fonds ruinieren Betriebe durch kreditfinanzierte Sonderausschüttungen, müssen weiterhin kaum Eigenkapitalvorschriften erfüllen und sind von der Gewerbesteuer befreit. Markus Henn: "So kann keine Veränderung hin zu einer echten ökologisch und sozial ausgewogenen Produktion gelingen!"
Quelle: Attac Deutschland