Erdgaskunden werden wieder abgezockt
Archivmeldung vom 01.12.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Wirtschaftskrise ließ den Ölpreis 2008 dramatisch abstürzen. Der Gaspreis folgte mit sechs Monaten Verzögerung. Er ist in Deutschland an den Ölpreis gekoppelt. Dieses Jahr stieg der Rohölpreis kontinuierlich wieder an. Heute steht er doppelt so hoch wie vor einem Jahr. Dagegen sind die Gaspreise an der Leipziger Energiebörse immer noch im Keller.
Experten sprechen von einem dramatischen Preisverfall seit Jahresbeginn. Dennoch kündigen die Gasversorger nun höhere Erdgaspreise an. Der Grund: die Ölpreisbindung.
Manfred Panitz, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Energie-Abnehmer e. V. (VEA), fordert das Abschaffen der Ölpreisbindung: "Die brancheninternen Vereinbarungen zwischen Gasimporteuren und Versorgungsunternehmen sind ein Relikt aus den 60er Jahren. Der Gaspreis folgt heute nicht mehr dem Ölpreis. Wir müssen diese alte Regel abschaffen. Das Erdgas-Überangebot ist zu groß."
Erdgaskunden sollen 5 Prozent mehr zahlen
Laut Verbraucherportal "Toptarif" wollen 67 deutsche Versorgungsunternehmen ihre Gaspreise erhöhen. Betroffene Haushalte zahlen künftig durchschnittlich 5 Prozent oder 61 Euro mehr. In der Spitze können es bis zu 120 Euro sein.
Großhandelspreise für Erdgas brechen ein
Deutsche Gasimporteure setzen seit Jahrzehnten beim Erdgastransport auf Pipelines. Die restliche Welt forcierte in den vergangenen Jahren den Transport per Tankschiff. Gas wird dazu durch starke Abkühlung direkt an der Quelle verflüssigt. Sein Volumen schrumpft auf ein Sechstel. Ein Tankschiff kann mit einer Ladung Flüssiggas (LNG) den Jahresverbrauch einer Stadt mit 60.000 Einwohnern decken. Ab 3.000 Kilometern Entfernung ist der Transport per Schiff wirtschaftlicher als per Pipeline. Entlade-Terminals gibt es weltweit in allen großen Häfen. In Europa liegen sie vorrangig in England, den Beneluxstaaten sowie den Mittelmeerländern. Hier stehen nun die Tanker Schlange. Als Folge brechen die Großhandelspreise immer weiter ein.
"Mit einem jährlichen Erdgas-Überangebot in Höhe von 200 Milliarden Kubikmetern bis 2015 rechnet die internationale Energieagentur IEA. Das ist dreimal so viel wie 2007", erklärt Manfred Panitz. "Das gibt uns die Chance, die Ölpreisbindung zu brechen. Der Druck auf die Gaspreise trennt den aktuellen Marktpreis von den Preisen aus ölgebundenen Lieferverträgen", so Panitz.
Verflüssigtem Naturgas prognostizieren Experten ein starkes Wachstum. Bis 2030 soll sich das Volumen des Welthandels mit LNG verdreifachen, auf 650 bis 750 Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Europa könnte seine Bezüge sogar von 53 bis auf 230 Milliarden Kubikmeter erhöhen.
Quelle: Bundesverband der Energie-Abnehmer e. V. (VEA)