Missbrauchsprozess gegen Kölner Priester wirft Frage strafrechtlicher Konsequenzen für Bistumsleitung auf
Archivmeldung vom 03.02.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićVor dem bevorstehenden Ende des Strafprozesses vor dem Kölner Landgericht gegen einen Priester und mutmaßlichen Missbrauchstäter rückt die Frage nach strafrechtlichen Konsequenzen für führende Geistliche des Erzbistums Köln in den Blick, in dessen Diensten der heute 70 Jahre alte Geistliche über Jahrzehnte hinweg schwerste Sexualstraftaten an zahlreichen Kindern und Jugendlichen begehen konnte.
Der Mainzer Strafrechtsprofessor Jörg Scheinfeld sieht mindestens den Verdacht einer strafbaren fahrlässigen Körperverletzung seitens der Bistumsleitung unter Kardinal Rainer Woelki und Generalvikar Markus Hofmann, weil das Erzbistum 2018/2019 keine Maßnahmen ergriff, die den Geistlichen wirksam an weiteren Delikten gehindert hätten. "Wer als Vorgesetzter weiß, dass er es mit einem möglichen Sexualstraftäter zu tun hat und die Sache laufen lässt, handelt auch nach weltlichem Recht pflichtwidrig", sagte Scheinfeld dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag-Ausgabe). "Den Staatsanwalt möchte ich sehen, der in so einem Fall kein Verdachtsmoment gegeben sieht oder das öffentliche Interesse an einer möglichen Strafverfolgung verneint."
Neben Fahrlässigkeit kommt nach Ansicht des Juristen weitergehend auch eine vorsätzliche Beihilfe durch Unterlassen in Betracht. "Wer als Dienstherr potenzielle Sexualstraftäter nicht von Kindern abschirmt, nimmt weitere Taten vielleicht billigend in Kauf. Bloßes Gottvertrauen, dass schon alles gut gehen wird, schließt dies jedenfalls nicht aus." Hier kommt es allerdings sehr auf die Umstände n.
Schon bei gravierenden Anhaltspunkten müsse die Staatsanwaltschaft von sich aus tätig werden. Sie könnte aber auch durch Anzeigen dazu gebracht werden, etwa wegen Beihilfe durch Unterlassen oder fahrlässiger Körperverletzung zu ermitteln, so der Jurist weiter. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln, Ulrich Bremer, sagte der Zeitung, seine Behörde werde zunächst das Ende der Hauptverhandlung gegen Ue. abwarten und dann prüfen, "ob sich Anhaltspunkte für weitere Straftaten ergeben". Es sei besser, "den Beweisfundus als Ganzes auf dem Tisch zu haben, bevor man ein weiteres Verfahren einleitet".
Das Urteil in dem Prozess, in dem es um vielfachen sexuellen Missbrauch dreier Nichten des Angeklagten in den 1990er Jahren sowie einer Elfjährigen im Jahr 2011 geht, wird für den 24. Februar erwartet. Über eine sogenannte Nachtragsanklage sollen weitere Tatvorwürfe von fünf mutmaßlichen Opfern, die sich erst im Prozessverlauf gemeldet hatten, noch in den laufenden Prozess integriert werden. Wegen Wiederholungsgefahr hatte die zuständige große Strafkammer am 27. Januar Untersuchungshaft für den Angeklagten angeordnet.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger (ots)