54.104 Unterschriften für weltweite Konzilspetition, doch Glaubenskongregation nicht zur Entgegennahme bereit
Archivmeldung vom 23.07.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt54.104 Menschen aller Kontinente haben die Petition „Für die uneingeschränkte Anerkennung der Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils“ im Internet und auf Unterschriftslisten unterzeichnet. Doch die vatikanische Glaubenskongregation ist nicht bereit, Petition und Unterschriften entgegenzunehmen und hierüber mit den InitiatorInnen der Petition ins Gespräch zu kommen.
Auch intensive Vermittlungsbemühungen des Apostolischen Nuntius’ in Deutschland konnten hier nicht weiterhelfen.
Die InitiatorInnen der Konzilspetition betrachten es deshalb als ihre Pflicht, die UnterzeichnerInnen und die Öffentlichkeit von diesen Vorgängen in Kenntnis zu setzen. Sie deuten die Dialogverweigerung der Glaubenskongregation als Anzeichen zunehmender fundamentalistischer Tendenzen sowie als Bestätigung der in der „Petition Vaticanum 2“ zum Ausdruck gebrachten Befürchtung einer Rückkehr von Teilen der römisch-katholischen Kirche in eine antimodernistische Exklave. Während sich Papst Benedikt XVI. in einem bedingungslosen „Akt der Barmherzigkeit“ der Pius-Bruderschaft zugewandt hat, die als fundamentalistische und revisionistische Minderheit jegliche Reform verweigert und zentrale Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils ablehnt, ist ein Zugehen auf die weltweit aktiven katholischen Reformkräfte für diesen Papst offensichtlich undenkbar.
Die Dialogverweigerung der Glaubenskongregation ist eine Missachtung des kirchlichen Engagements von weltweit mehr als 50.000 Katholikinnen und Katholiken, unter ihnen überproportional viele Priester, TheologieprofessorInnen, haupt- und ehrenamtliche in der Pastoral und in kirchlichen Gremien tätige, ReligionslehrerInnen, Ordensleute sowie Mitglieder katholischer Verbände (in Deutschland BDKJ, KDFB, KFD, Kolping etc.). Mehrere Frauenklöster haben nahezu geschlossen ihre Unterschriften geleistet. Die Dialogverweigerung Roms ist Ausdruck eines autoritären Führungsstils, der sich nicht um die Besorgnis zwar (noch) kirchentreuer und engagierter, wohl aber auch kritischer und nicht zu willenloser Unterwerfung bereiter Gläubiger schert.
Die weit über den deutschsprachigen Raum hinausgehende Resonanz der Petition – die nahezu doppelt so viele Unterschriften erhalten hat wie die zeitgleich gestartete Aktion „Ja zu Benedikt“ – zeigt, dass die Hoffnung auf eine für die Fragen der Gegenwart aufgeschlossene Kirche in Rückbesinnung auf die zentrale Bedeutung der Menschwerdung Gottes, auf ein „Aggiornamento“ lebendig ist. Das Bemühen um die Umsetzung der mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil begonnenen Reformen hat nach wie vor sowohl inhaltlich als auch zahlenmäßig starken Rückhalt innerhalb der römisch-katholischen Kirche. Die Unterschriften der Petition, die in 14 Sprachen vorliegt, kommen aus 80 Ländern und von allen Kontinenten.
Ein großer Erfolg der Konzilspetition ist ihr Beitrag dazu, das Zweite Vatikanische Konzil, seine Beschlüsse und vor allem seinen Reformgeist wieder ins Bewusstsein zu rufen. Das Konzil war 1962 von Papst Johannes XXIII. eröffnet und 1965 von Papst Paul VI. zum Abschluss gebracht worden.
Bald 50 Jahre nach diesem Reformkonzil und angesichts vieler drängender pastoraler Probleme zeigen sich Katholikinnen und Katholiken weltweit im Geist der „communio“ bereit, aus dem Reformgeist des Konzils die theologische Forschung und die pastorale Praxis zu erneuern. Sie tun dies unter Berufung auf Papst Paul VI., der in der Schlussansprache des Konzils am 8. Dezember 1965 auf die Verbindlichkeit des Konzils hingewiesen und die Umsetzung der mit dem Konzil begonnenen Reformen in eben diesem Geiste eingefordert hat.
Hintergrund und Chronologie
Am 24. Januar 2009 wurde die bedingungslose Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfen der Bruderschaft Pius X., unter ihnen der Holocaust-Leugner Richard Williamson, öffentlich bekannt. Dies gab den Anstoß zur Formulierung der Petition .
Am 29. Januar 2009 wurde die Petition „Für die uneingeschränkte Anerkennung der Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils“ (www.petition-vaticanum2.org) durch eine Gruppe deutschsprachiger katholischer Theologinnen und Theologen initiiert. Im weiteren Verlauf wurde die Petition von der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche organisatorisch unterstützt.
Kirchenrechtliche Grundlage ist Can. 212 § 3. Codex Iuris Canonici. Danach haben die Gläubigen "das Recht und bisweilen sogar die Pflicht, ihre Meinung in dem, was das Wohl der Kirche angeht, den geistlichen Hirten mitzuteilen und ... den übrigen Gläubigen kundzutun."
Am 3. März 2009 wurde der Deutschen Bischofskonferenz während ihrer Frühjahrsvollversammlung in Hamburg ein Zwischenstand der Petition (36.300 Unterschriften) übergeben.
Bis zum 9. April 2009, dem Ende der Zeichnungsphase, haben 54.104 Menschen die Petition unterzeichnet.
Am 25. März 2009 baten die InitiatorInnen den Apostolischen Nuntius in Berlin, Msgr. Jean-Claude Périsset, einen baldigen Termin für eine persönliche Übergabe der Petition an die Kongregation für die Glaubenslehre in Rom zu vermitteln.
Am 2. April 2009 antwortete der Nuntius, ob es nicht „bequemer“ wäre, die Petition mit allen Unterschriften über die Nuntiatur in Berlin an die Glaubenskongregation weiter zu leiten.
Am 7. April 2009 erneuerten die InitiatorInnen im Hinblick auf die internationale Resonanz und Bedeutung der Petition ihre Bitte um eine persönliche Übergabe in Rom.
Am 29. Mai 2009 wurde über den Nuntius in Berlin mitgeteilt, dass die Glaubenskongregation es „nicht für nötig“ hält, „die Initiatoren der Petition zu empfangen, deren Inhalt ihr wohl bekannt ist und die sie in ihrem Inhalt in Zukunft berücksichtigt wird.“
Am 15. Juni 2009 haben sich die InitiatorInnen auf Anraten des Nuntius direkt an die Glaubenskongregation gewandt mit dem Hinweis, dass eine Dialogverweigerung bei den UnterzeichnerInnen auf großes Unverständnis stoßen würde, zumal die Übergabe der Unterschriftensammlung „Ja zu Benedikt“ mit 33.000 Unterschriften im Rahmen einer Generalaudienz möglich war und mit einem persönlichen Dankschreiben des Papstes beantwortet wurde.
Am 20. Juli 2009 haben sich die InitiatorInnen erneut an die Glaubenskongregation gewandt, da sie bisher keine Antwort auf ihre Bitte um eine persönliche Übergabe der Petition in Rom erhalten haben.
Quelle: KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche