Piraten als Arbeitgeber: Schiffsentführung im Schichtbetrieb
Archivmeldung vom 13.08.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSomalias Piraten sind der größte Arbeitgeber der Region: eine perfekt organisierte Firma. Das berichtet P.M. MAGAZIN in der aktuellen Ausgabe. Das Somali Basin ist der Zeitschrift zufolge das gefährlichste Seegebiet der Welt. Hier machen somalische Piraten Jagd auf Handelsschiffe, um sie zu entführen und Lösegeld zu erpressen.
Das höchste Lösegeld bringen Westeuropäer. Und Deutsche gelten geradezu als Sechser im Lotto. Bei ihnen muss man nicht wie bei den Amerikanern oder Franzosen mit Befreiungsaktionen durch Sondereinheiten rechnen. Hauptsitz der somalischen Piraten ist der mittelsomalische Ort Harardheere. Ihr kriminelles Geschäft ist nahezu perfekt organisiert. Sie rechnen pro Überfall mit Grundinvestitionen von rund 500 000 Dollar.
Bis die weit draußen im Ozean gekaperten Schiffe vor der somalischen Küste, meistens in Sichtweite von Harardheere oder dem benachbarten Hobyo, die Anker werfen, vergehen Tage. Und danach heißt es auf das Lösegeld warten. Bis zu hundert Piraten sind dann im Schichtbetrieb für die Bewachung der Geiseln und des entführten Schiffes zuständig. Mindestens ebenso viele sind an Land für die Kidnapper tätig.
Die Piraten sind der größte Arbeitgeber der Region, und mit ihnen ist sogar etwas Wohlstand in Somalia, eines der ärmsten Länder der Welt, eingezogen. Hinter den Lehmwänden verbirgt sich die Infrastruktur einer boomenden Industrie: hochmoderne Geldzählautomaten für das Lösegeld, Waffengeschäfte für Pistolen, Maschinengewehre und raketengetriebene Granatwerfer, Werkstätten für elektronische Geräte, Cateringküchen für die Versorgung der Geiseln an Bord der entführten Schiffe sowie eine Art Börse, in der Anteile für den nächsten Coup erworben werden können.
Quelle: P.M. MAGAZIN