Datenklau - doch kein Einzeltäter?
Archivmeldung vom 16.01.2019
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.01.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttIm Zuge der Ermittlungen zum Datenklau bei Politikern und Prominenten kommen Zweifel auf, ob es sich tatsächlich um einen Einzeltäter handelt. Nach Informationen des ARD-Politikmagazin Kontraste und des rbb Inforadios aus Sicherheitskreisen war der mutmaßliche Täter trotz eines vollumfänglichen Geständnisses nicht in der Lage, den Ermittlern zu zeigen, wie er die Daten im Netz erbeutet hatte.
Beamte des Bundeskriminalamts hatten ihn dafür vor einen Computer gesetzt und ihn aufgefordert zu erläutern, wie er vorgegangen sei. Dabei sei deutlich geworden, dass er beispielsweise nicht über die nötigen Kenntnisse verfügte, um die sogenannte Zwei-Faktor-Authentifizierung zu umgehen. Diese Sicherheitslücke aber soll der Täter ausgenutzt haben, um zahlreiche Accounts zu hacken.
Der mutmaßliche Täter, der 20-jährige Johannes S. aus Homberg in Mittelhessen, war am 6. Januar von Beamten des Bundeskriminalamts im Hause seiner Eltern vorläufig festgenommen worden. Nach stundenlangen Vernehmungen durch das BKA hatte er ein umfängliches Geständnis abgelegt. Der Fall wirft nun erneut Rätsel auf, da fraglich erscheint, ob Johannes S. tatsächlich alleine für die Hacks verantwortlich sein kann.
Denkbar wäre, dass es einen oder mehrere weitere Beteiligte gab. Für das BKA ist nach wie vor nicht abschließend geklärt, ob der Hacker "Orbit" tatsächlich ein Einzeltäter ist. Auf Nachfrage des ARD-Politikmagazin Kontraste und rbb Inforadio teilte das BKA mit, dass Johannes S. nach wie vor als allein Beschuldigter geführt wird, die Ermittlungen aber weiter laufen, um abzuklären, ob er tatsächlich ein Einzeltäter war.
"Zu fragen ist nach der Einzeltäterthese und dem Gewicht eines möglichen politischen Hintergrunds", kommentiert der SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh, der selbst von dem Datenangriff betroffen war, den Sachverhalt. "Aus Sicht der Innenpolitik wie auch der Betroffenen ist es auch aus Sicherheitsgründen notwendig, dass der Fall sorgfältig ausermittelt wird," so Lindh.
"Der Gefahr einer Verharmlosung sollten wir dabei nicht erliegen", kommentiert der SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh, der selbst von dem Datenangriff betroffen war den Sachverhalt.
Unterdessen wurden die persönlichen Daten eines Journalisten im Netz veröffentlicht, der bereits mehrfach in der Badischen Zeitung über die Szene rund um den Hacker geschrieben hat. Auf einer Leak-Seite finden sich seit kurzem Daniel Laufers Adresse, Handynummer und private Interessen, außerdem der Instagram-Account, der einem Familienmitglied gehören soll. "Ich vermute, da wollen mich bestimmte Leute einschüchtern, ich habe bereits den Landesdatenschutzbeauftragten gebeten, in meinem Namen Anzeige zu erstatten", sagte Laufer zu Kontraste. Die Leak-Seite wurde einst auf Jan Schürlein zugelassen, der jahrelang mit dem Hacker Orbit in Chatkontakt stand. Auf Nachfrage von Kontraste bestreitet Schürlein, etwas mit der Veröffentlichung der persönlichen Daten des Journalisten Laufer zu tun zu haben. Er habe die Seite schon vor längerem an einen anderen Nutzer abgetreten. Auch eine Beteiligung an dem Datenklau des Hackers "Orbit" bestreitet Schürlein vehement.
Schürlein ist gestern nach eigener Aussage erneut von Beamten des BKA als Zeuge befragt worden. Anlass der Befragung war laut Angaben Schürlein sein Interview mit Kontraste. Konkret ging es dabei um die Gesinnung des Hackers sowie dessen mutmaßlichen Versuch, seine Opfer auch privat auszuspionieren.
Quelle: Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) (ots)