Gewaltdelikte in Familien auf Fünf-Jahres-Höchststand
Archivmeldung vom 29.06.2021
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.06.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićHalle Die Zahl der gemeldeten Gewaltdelikte in Paarbeziehungen hat in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr den höchsten Stand seit fünf Jahren erreicht. Das berichtet die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf einen Lagebericht des Landeskriminalamts. 2020 wurden 4.400 Gewalttaten durch aktuelle oder frühere Partner registriert. Das sind neun Prozent mehr als im Vorjahr.
In den meisten Fällen wurden Körperverletzung und Bedrohung angezeigt. In fünf Fällen endete die Gewalt tödlich. Juristisch handelte es sich dabei um drei Morddelikte, einen Totschlag und eine sogenannte Tötung auf Verlangen. Bei neun weiteren Tötungsdelikten blieb es beim Versuch. Als Motive nennt die Polizei Eifersucht und Angst vor einer Trennung, Verzweiflung, Beziehungsprobleme und psychische Erkrankung.
Die Zahl der angezeigten Gewaltdelikte gegen Kinder stieg auf 833 Fälle (Vorjahr: 797), ein Anstieg um 4,5 Prozent. Auch hier wurde der höchste Stand seit fünf Jahren erreicht.
Die Frauenhäuser im Land sehen einen Zusammenhang zwischen der wachsenden häuslichen Gewalt und der Corona-Pandemie. "Ausgleichende Situationen wie ein Besuch beim Fußballspiel sind weggefallen, dafür gab es die Anspannung durch Corona und Belastungen wie Kurzarbeit", sagte Anke Weinreich, Landeskoordinatorin für häusliche Gewalt beim Paritätischen, der die Arbeit der 19 Frauenhäuser im Land koordiniert. Der typische Gewaltzyklus zwischen Konflikt und Versöhnung habe sich in vielen Fällen beschleunigt. Während des Lockdowns sei es vielen Frauen oft nicht einmal möglich gewesen, Schutz im Frauenhaus zu suchen, sagte Weinreich. "Das ist vielen erst jetzt möglich. Seit drei, vier Wochen erleben wir einen Ansturm." Mehrere Einrichtungen seien bereits belegt und müssten Schutzsuchende an andere Häuser weitervermitteln.
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung (ots)