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Studie und Rechtsgutachten/ Profite auf Kosten der Verwundbarsten: Anlagekapital in der Bremer Altenpflege und Regulierungsmöglichkeiten des Landes

Archivmeldung vom 31.03.2023

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.03.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Mary Smith
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Was kann Bremen tun, um Insolvenzen von Pflegeheim-Betreibern zu verhindern und die Qualität der Altenpflege im Bundesland zu sichern? Diesen Fragen haben sich im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung Experten in einem Rechtsgutachten und einer ökonomischen Kurzexpertise gewidmet.

Für die Rosa-Luxemburg-Stiftung erklärt deren Geschäftsführerin Daniela Trochowski: "Ökonomisierung ist eine Ursache für den eklatanten Personalmangel in allen sozialen Dienstleistungen. Niemand kann und will unter solchen Bedingungen arbeiten. In der Altenpflege ist die Situation gravierend, da der Bedarf in den kommenden Jahren durch die Decke gehen wird. Um den Sozialstaat auf der Höhe der Zeit weiterzuentwickeln, muss die Daseinsvorsorge in öffentliche Hand. Eine Rekommunalisierung der Altenpflege ist dringend überfällig. Mit dem Gutachten will die Rosa-Luxemburg-Stiftung aufzeigen, welche rechtlichen Spielräume es gibt, um der zerstörerischen Dynamik des Markts Grenzen zu setzen."

Der Experte Christoph Trautvetter, Ökonom und wissenschaftlicher Referent im Netzwerk Steuergerechtigkeit, zu den Ergebnissen seiner Kurzexpertise 'Wem gehört die Altenpflege? Eigentumsverhältnisse und Geschäftspraktiken in der stationären Altenpflege im Land Bremen': "Knapp die Hälfte der Bremer Pflegeheime werden privat betrieben. Egal ob sie einem lokalen Gründer, milliardenschweren Family Offices oder internationalen (Immobilien-)Investoren gehören, stehen sie unter hohem Rendite- und Wachstumsdruck. Das sorgt für Qualitätsmängel und Instabilität - wie die aktuellen Insolvenzen zeigen.

Zu den Erkenntnissen in dem Rechtsgutachten 'Gemeinwohlorientierung in der Altenpflege: Regulierungsmöglichkeiten des Landesgesetzgebers zur Verbesserung der Qualität in Pflegeeinrichtungen im Land Bremen',sagt Sebastian Baunack, Fachanwalt für Arbeits- und Verwaltungsrecht: "Der Bundesgesetzgeber hat den Altenpflegesektor in den 1990er-Jahren für Marktkonkurrenz und für privatwirtschaftliche Akteure geöffnet. Er kann ihn aber auch wieder auf Träger begrenzen, die dem Allgemeinwohl verpflichtet sind, wie er es im Bereich der Jugendhilfe getan hat. Solange er dies nicht tut, ist es für die Länder schwierig, dem Gemeinwohl verpflichtete Träger angemessen zu fördern."

Co-Autorin des Gutachtens, Anna Gilsbach, LL.M., Fachanwältin für Sozialrecht, kommentiert: "Die unionsrechtliche Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit sind hohe Güter. Der Sozialstaat ist jedoch nach überzeugender Ansicht des OVG Hamburg dem Unionsrecht entzogen. Eingriffe in die unternehmerische Freiheit privater Träger können durch das Gemeinwohl gerechtfertigt sein, wie in einer Entscheidung zur Jugendhilfe argumentiert wird. Angesichts des demografischen Wandels und der hohen Bedeutung der Pflege für die Gesellschaft dürfte das auch für die Pflegeversicherung gelten."

Sofia Leonidakis, Vorsitzende und sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in der Bremischen Bürgerschaft, bezeichnet die Lage der Altenpflege in Bremen als besorgniserregend: "Wir beobachten in der Altenpflege zunehmend, dass es vorrangig darum geht, möglichst hohe Renditen zu erwirtschaften, statt die Menschen gut zu pflegen. Darunter leiden sowohl die Qualität der Pflege als auch die Arbeitsbedingungen des Personals. Bei profitorientierten Pflegeanbietern in Bremen ist die Anzahl der Beschwerden und die Anzahl der Mängelfeststellungen deutlich höher als bei Einrichtungen in gemeinnütziger Trägerschaft.

Zudem ist das marktförmig betriebene Pflegesystem nicht nachhaltig, wie die jüngsten Insolvenzen von gleich drei Pflegeheimbetreibern in Bremen zeigen.

Wir LINKE wollen endlich raus aus diesem kranken System. Wir halten es für dringend notwendig, dass öffentliche und gemeinnützige Träger stärker gefördert werden, anstatt Marktstrukturen zuzulassen, deren Druck zulasten der Pflegenden und der Pflegebedürftigen geht! Dass dies möglich ist, zeigt das heute vorgestellte Rechtsgutachten.

In Bremen wollen wir einen kommunalen Altenpflegeträger gründen, um selbst Pflegeplätze anbieten zu können. Dadurch können wir eine pflegerische Versorgung, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, und gute Arbeitsbedingungen sicherstellen. Damit ein kommunaler Träger auch als gleichberechtigter Anbieter von Pflegeleistungen auftreten kann, fordern wir die Abschaffung des Subsidiaritätsprinzips in der Altenpflege auf Bundesebene."

Quelle: Rosa-Luxemburg-Stiftung (ots)

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