Patienten und Ärzte demonstrieren vor der AOK Hannover gegen Einschränkungen bei der Medikamentenversorgung
Archivmeldung vom 11.07.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlErstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik demonstrieren Ärzte und Patienten gemeinsam vor der AOK Hannover. Grund dafür sind Strafzahlungen von über 100 Millionen Euro, die 800 Arztpraxen aufbringen sollen.
"Einzelne Praxen werden mit Strafzahlungen von bis zu zwei Millionen Euro bedroht - deren Inhaber können im Prinzip gleich Insolvenz anmelden", warnt Dr. Konrad Grabenschröer, Hausarzt aus Neuenkirchen, der die Demonstration mit organisiert hat.
Ärzte haben für die Behandlung von Patienten nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung: "Das niedersächsische Budget ist zwischen den Kassen und der Kassenärztlichen Vereinigung von vornherein viel zu niedrig festgesetzt worden", sagt Martin Grauduszus, Präsident der Freien Ärzteschaft: "Natürlich müssen wir Ärzte wirtschaftlich verschreiben, aber das tun wir längst. Was hier in Niedersachsen geschieht ist eine brutale Rationierung auf den Rücken der Patienten und Ärzte", warnt er. Am Ende werde eine Dezimierung der Arztpraxen stehen.
"Außerdem wird so das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient zerstört", warnt Dr. Paul Krause, Hausarzt aus Bramsche: "Warum sollen wir Ärzte die Medikamente ihrer Patienten bezahlen? Feuerwehrleute müssen das Löschwasser auch nicht bezahlen - und wir verordnen den Patienten die Medikamente nicht zum Spaß, sondern weil diese sie brauchen. Aber kein Patient kann bei dieser Entwicklung mehr sicher sein, dass er auch das bekommt, was er braucht"
In Niedersachsen werde bereits sehr wirtschaftlich verordnet, über 75 Prozent der Verordnungen sind Kosten sparende Generika, sagt Grauduszus: "Während wir Ärzte so täglich beweisen, dass wir Kosten sparen können, bedienen sich Pharmaindustrie, Großhandel, Apotheker und vielfach der Staat über Mehrwertsteuer, Gewerbesteuer, Unternehmenssteuer, Einkommenssteuer an den Verordnungen - hier wäre ein enormes Sparpotential, aber Politik und Kassen sind zu feige, hier an die Wurzeln zu gehen", sagt Grauduszus. Statt dessen nehme man billigend in Kauf, dass Arztpraxen vernichtet werden - egal ob dabei selbständige Existenzen und tausende von Arbeitsplätzen verloren gingen. "Man hat den Eindruck, dass die Politik auch hier für ihr Ziel, das Gesundheitswesen nach amerikanischem Vorbild den Konzernen zu übereignen, die Folgen dieser ungerechten Strafzahlungen zumindest wohlwollend zur Kenntnis nimmt", schimpft Grauduszus.
Die Protestaktion am 11.07.07 vor dem Gebäude der AOK in Hannover wird von einem breiten Bündnis getragen. Neben der Freien Ärzteschaft rufen die Ärztegenossenschaft Nord-West, die Initiative Regressschutz, der Ärzteverbund Nord, der Hausärzteverband und der Hartmannbund Niedersachsen zur Teilnahme auf.
Quelle: Pressemitteilung Freie Ärzteschaft e.V.