Missbrauchs-Aufklärung: Generalvikar Beer übt harte Kritik an Blockierern im Erzbistum München
Archivmeldung vom 26.01.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićMünchens ehemaliger Generalvikar Peter Beer greift das Erzbistum an und kritisiert mangelnde Aufklärungsbereitschaft: "Diese Kirche kann sich nicht selbst aufklären. Das ist meine bittere Erfahrung", sagt er in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT. "Auch deshalb habe ich vor zwei Jahren mein Amt aufgegeben. Die Widerstände waren zu groß, selbst für einen Generalvikar."
Peter Beer war von 2010 bis 2020 der zweitmächtigste Mann des Bistums nach Kardinal Marx. Die Gutachter der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl bescheinigen dem Kleriker, dass er in seiner Amtszeit konsequent aufklären wollte, gegen erbitterte interne Widerstände. In dem Interview erklärt Beer, er habe bereits 2010 eingesehen: "Wir haben keine Einzelfälle von Missbrauch, sondern ein System." Die Institution habe "schändlich" agiert - und sträube sich damals wie heute gegen Aufklärungsbemühungen. "Ein Kardinal sagte zu mir, ich sei ein schlechter Priester. Jemand aus dem Domkapitel nannte mich einen Verräter", berichtet Beer. "Wenn du Hierarchien angreifst, Herrschaftswissen transparent machen willst, wird blockiert und zurückgeschossen." Über die Blockierer sagt Beer, er habe "alles versucht gegen die Täterschützer. Aber ich konnte den Apparat letztlich kaum ändern."
Der ehemalige Generalvikar räumt ein, in seiner Amtszeit selbst Fehler in der Missbrauchsaufklärung begangen zu haben, welche die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl auflistet. Er wolle "keine Entschuldigungen" für seine Fehler suchen. "Die sind passiert, dafür bin ich verantwortlich, so wie ich als Generalvikar für die gesamte Organisation des Erzbistums die Letztverantwortung trug."
Beer fordert: "Die Kirche darf nicht länger Schonraum sein für Kleriker, die Angst vorm Leben, Angst vor Sexualität, Angst vor Nähe, Angst vor Verantwortung haben. Wir müssen verstehen: Kritik ist nicht zu unserem Schaden, sondern Bedingung für einen Neuanfang."
Quelle: DIE ZEIT (ots)