Wirtz-Familie zerrt Conterganopfer vor Gericht
Archivmeldung vom 18.06.2009
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.06.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt2 Jahre nach dem erfolglosen Versuch, die Ausstrahlung des Conterganspielfilms zu verhindern, führen die Eigentümer des Grünenthal-Wirtz-Konzerns erneut einen Prozess in Sachen Contergan.
Diesmal zitieren sie jedoch die Conterganopfer selbst vor Gericht: Die Wirtz-Familie erwirkte über ihre Firmen Dalli-Werke, Mäurer & Wirtz und 4711 beim Landgericht Köln gegen den arm- und beinlosen Contergangeschädigten Andreas Meyer eine einstweilige Verfügung. Eine weitere einstweilige Verfügung dieser Firmen richtet sich gegen den von Meyer mit gegründeten Bund Contergangeschädigter und Grünenthalopfer e.V. (BCG). Meyer und der BCG hatten im Oktober 2007 anlässlich des 50. Jahrestages der Markteinführung von Contergan ihre Mitbürger zu einem freiwilligen Boykott von Dalli-Waschmittel, der Parfum und Aftershave-Kollektionen Tabac, Nonchalance, Tosca und 4711 (alles Produkte der genannten Firmen) aufgerufen. Die Medien haben über den Boykottaufruf ausführlich berichtet. Mit den einstweiligen Verfügungen soll dies nun Meyer und dem BCG untersagt werden.
In ihrer Antragsschrift lässt die Wirtz-Familie über ihre Firmen Dalli-Werke etc. ausführen, dass der Boykottaufruf schon deswegen verwerflich sei, weil Meyer und der BCG damit wirtschaftliche Interessen im Sinne eines Zugewinns für alle Conterganopfer verfolgen würden. Tatsächlich setzen sich Meyer und der BCG seit Jahren medienwirksam dafür ein, dass die Eigentümerfamilie Wirtz des Conterganherstellers Grünenthal den Conterganopfern endlich eine gerechte Entschädigung zukommen lässt. Meyer: "Mit einer solchen Begründung wird der jahrzehntelange Kampf der Opfer um eine gerechte Entschädigung als bloßes Gewinnstreben diffamiert. Skrupelloser kann man nicht von seiner eigenen Verantwortung an dem Elend Tausender ablenken wollen."
Meyer und der BCG werden anwaltlich vertreten von Herrn Professor Dr. Jan Hegemann der renommierten Anwaltssozietät HOGAN & HARTSON RAUE in Berlin, die bereits die Ausstrahlung des Conterganspielfilms erfolgreich gegen Grünenthal und dem Rechtsanwalt Karl-Hermann Schulte-Hillen durchsetzen konnte. Verhandelt wird am 24.6.2009 im Kölner Landgericht. Sollten die einstweiligen Verfügungen aufrechterhalten bleiben, drohen Meyer und dem BCG bei jedem weiteren Boykottaufruf ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 € oder ersatzweise 6 Monate Ordnungshaft.
"Ordnungsgeld? Durch Contergan bin ich zeitlebens Sozialhilfeempfänger. Mögen sie meinen Rollstuhl pfänden kommen. 6 Monate Ordnungshaft? Ich habe bereits lebenslänglich durch meinen contergan-entstellten Körper. Wie soll mich dies abschrecken? Die können mir ja noch nicht einmal Handschellen anlegen! " sagt Meyer.
Quelle: BCG - Bund Contergangeschädigter und Grünenthalopfer e.V.