Rund die Hälfte der von Armut betroffenen Bürger verzichtet aus Scham auf Sozialhilfe
Archivmeldung vom 12.01.2023
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.01.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićStudien belegen, dass in Deutschland rund die Hälfte aller von Armut betroffenen Bürger ihre Ansprüche auf Sozialhilfe, sei es Bürgergeld, sei es Rentenaufstockung, nicht in Anspruch nimmt. Dadurch sinkt ihr Einkommen um durchschnittlich 30 Prozent. Die Menschen verzichteten darauf hauptsächlich aus Scham und Angst vor Stigmatisierung. Dies berichtet das Magazin "RT DE".
Weiter berichtet RT DE: "Zu Beginn dieses Jahres wurde in Deutschland die bisher geltende Sozialleistung ALG II abgeschafft und das sogenannte Bürgergeld eingeführt. Unterschiedliche Studien haben allerdings ergeben, dass hierzulande hunderttausende Menschen keinen Antrag auf Sozialleistungen stellen, obwohl ihnen diese zuständen. Die von Armut betroffenen Bürger würden weder Bürgergeld noch aufstockende Leistungen, noch Grundsicherung im Alter beantragen. Darüber berichtete am Donnerstag das Fachportal Gegen-Hartz.de.
Demnach beantragten zwischen 40 und 60 Prozent der deutschen Bürger trotz Anspruchs keine der für sie infrage kommenden Sozialleistungen. Nach Evaluation des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin) würden beispielsweise circa 60 Prozent der Berechtigten auf eine Grundsicherung im Alter diese Leistung nicht in Anspruch nehmen. So verzichteten vor allem Personen mit geringem Anspruch, Eigentümer von Immobilien und ältere Personen. Laut DWI Berlin handele es sich allein bei dieser Leistung um ungefähr 625.000 anspruchsberechtigte Rentner.
Mit steigender Armut stiege der Anteil der Antragssteller: So würden entsprechende Anträge ab einem Anspruch von mehr als 600 Euro von circa 80 Prozent der Berechtigten gestellt. Tatsächlich verzichteten aber so viele Menschen auf die Hilfe, dass im Falle der Inanspruchnahme aller berechtigten Personen das persönliche Haushaltseinkommen bei den Betroffenen insgesamt um circa 30 Prozent steigen könnte, so das Fachportal.
Auf das ab Januar geltende Bürgergeld – vorher ALG II oder im Volksmund Hartz IV – verzichteten dem Magazin zufolge schätzungsweise 43 bis 56 Prozent der Anspruchsinhaber. Dabei nannte das Fachportal für den Verzicht auf die Sozialleistungen hauptsächlich drei Gründe. Als Hauptgrund sei in der DIW-Studie "Scham" angegeben worden. Die betroffenen Bürger wollten nicht als "Trittbrettfahrer" angesehen werden, oder sich wegen Armut und staatlicher Hilfe sozial geächtet fühlen.
Als weitere Gründe für die Nichtinanspruchnahme zustehender Leistungen wurden Informationsdefizite und eine zu komplizierte Antragstellung herausgestellt. Im Ergebnis schlugen die Forscher unter anderem vor, die Antragsverfahren zu vereinfachen, um verdeckte Armut in Deutschland zu bekämpfen."
Quelle: RT DE