Menstruationsprodukte in Deutschland nicht für alle bezahlbar: Im neuen Bürgergeld nur 19,16 Euro für die gesamte Gesundheitspflege vorgesehen
Archivmeldung vom 05.01.2023
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Freigeschaltet durch Mary SmithMenstruation in Deutschland ist zu teuer. Jede vierte Frau hat in einer repräsentativen Umfrage der Kinderrechtsorganisation Plan International Deutschland von 2022 angegeben, Probleme zu haben, die Ausgaben für ihre Periode zu finanzieren. Vor allem junge Frauen sind den Ergebnissen zufolge von Periodenarmut betroffen. In der jüngsten untersuchten Altersgruppe von 16 bis 24 Jahren gab jede Dritte an, die Ausgaben für benötigte Hygieneprodukte seien eine finanzielle Belastung. Der Bericht "Menstruation im Fokus. Erfahrungen von Mädchen und Frauen in Deutschland und weltweit", liefert umfassende Erkenntnisse zum Umgang mit der Periode in Deutschland. An der bundesweiten Befragung nahmen jeweils 1.000 Frauen und Männer zwischen 16 und 45 Jahren teil.
Menstruation ist demnach ein großes Tabuthema. Über Periodenarmut mögen die wenigsten Betroffenen offen reden, sondern behelfen sich lieber anderweitig - mit Risiken für ihre Gesundheit. Jede siebte Befragte versucht der Umfrage zufolge, während der Periode möglichst wenige Tampons, Binden und Slipeinlagen zu verbrauchen, um Geld zu sparen. Jede Zehnte wechselt Periodenprodukte aus Kostengründen nicht so oft, wie es nötig wäre. Dabei ist der Wunsch nach Abhilfe groß. Jede zweite Befragte gab an, sie würde sich besser mit Menstruationsprodukten versorgen, wenn diese preisgünstiger wären. In der Gruppe der 16 bis 24-Jährigen sagten das sogar 70 Prozent.
Kathrin Hartkopf, Sprecherin der Geschäftsführung von Plan International Deutschland: "Es ist nicht hinnehmbar, dass in einem reichen Land wie Deutschland so viele Mädchen und Frauen sich ihre monatliche Regelblutung schlichtweg nicht 'leisten' können. In dem seit Januar geltenden Bürgergeld sind gerade einmal 19,16 Euro monatlich für den gesamten Bereich Gesundheitspflege vorgesehen. Das ist zu wenig für viele weibliche Bürgergeld-Empfängerinnen, denn für Periodenprodukte allein fallen schon Kosten zwischen fünf und 15 Euro monatlich an, je nachdem, was dazu gezählt wird. Auch Schülerinnen und Studentinnen müssen besser unterstützt werden. Die Politik ist deshalb gefordert, Mittel für kostenlose Hygieneartikel in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen sowie öffentlichen Gebäuden bereitzustellen. Gerade in Anbetracht der steigenden Kosten und hohen Inflation sollten Tampons in öffentlichen Toiletten so selbstverständlich vorhanden sein wie Toilettenpapier."
Jüngst haben die Stadtratsfraktionen der Grünen - Rosa Liste sowie SPD/Volt in München einen Antrag auf ein Starterpaket mit nachhaltigen Menstruationsprodukten gefordert. Bis zum Sommer soll ein Konzept dazu ausgearbeitet werden. Andere Städte sind da schon weiter: In Düsseldorf sollen nach einer Pilotphase weiterführende Schulen kostenlose Periodenprodukte für Schülerinnen finanziert bekommen. Auch in Frankfurt, Herne, Erlangen, Karlsruhe, Heidelberg und Tübingen sowie weiteren Städten gibt es ähnliche Vorstöße. Vor drei Monaten hatte sich zudem eine Mehrheit im Brandenburgischen Landtag für eine kostenlose Versorgung von Schülerinnen mit Menstruationsprodukten ausgesprochen.
Kathrin Hartkopf: "Solche Pilotprojekte zeigen, dass über zahlreiche Initiativen und Politiker:innen ein Umdenken stattfindet. Um Periodenarmut entgegenzutreten, wäre allerdings eine bundesweite einheitliche Versorgung mit Gratis-Periodenprodukten sinnvoller und vor allem gerechter."
Quelle: Plan International Deutschland e.V. (ots)