Attac: Exportinteressen deutscher Konzerne wichtiger als Hungerkrise?
Archivmeldung vom 23.04.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAnlässlich der UN-Welthandels- und Entwicklungskonferenz UNCTAD in Accra (Ghana) hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac scharf die Weltwirtschaftspolitik der Bundesregierung kritisiert.
"Angesichts
der aktuellen Lebensmittelkrisen im Süden ist das Auftreten der
Parlamentarischen Staatssekretärin Dagmar Wöhrl in Accra ein Desaster:
Sie missbraucht die UNCTAD schlicht als Forum, um Druck für einen
Abschluss der WTO-Runde auszuüben", sagte Alexis Passadakis vom
bundesweiten Attac Koordinierungkreis. Zahlreiche Studien der
vergangenen Jahre zeigten jedoch, dass die Entwicklungsländer die
Verlierer weiterer Liberalisierungen sein werden.
Kernpunkt der Rede von Wöhrl in Accra waren die aktuellen
Verhandlungen der Welthandelsorganisation WTO, die sich zur Zeit in
einer intensiven Phase befinden. Für den 19. Mai ist ein
Ministertreffen in Genf geplant.
Attac wertete die Abwesenheit des zuständigen
Bundeswirtschaftsministers Michael Glos beim UNCTAD-Gipfel sowie die
frühe Abreise Wöhrls aus Accra am Dienstag als demonstratives
Desinteresse. "Für das Bundeswirtschaftsministerium ist die Armut im
Süden lediglich ein Kollateralschaden", folgerte Jutta Sundermann,
ebenfalls Mitglied im Attac-Koordinierungskreis. "Die Bundesregierung
konzentriert sich darauf, die Exportinteressen deutscher Konzerne
durchzusetzen, während das Hauptthema in Accra der Hunger durch die
Explosion der Lebensmittelpreise ist." Doch in Berlin denke man gar
nicht an ein Umsteuern in der Agrar- und Handelspolitik.
Die Leiterin der deutschen Delegation habe ganz im Geiste der
aktuellen Verhandlungen über die weit gehenden Freihandelsabkommen
(Economic Partnership Agreements / EPAs) zwischen der Europäischen
Union und den afrikanischen Staaten gehandelt . "Für den Agrarsektor
in den afrikanischen Ländern werden diese Abkommen katastrophale
Auswirkungen haben", stellte Jutta Sundermann fest. Dennoch forciere
die EU-Kommission eine Eskalation Hungerkrise.
Attac fordert einen Stopp der laufenden WTO-Verhandlungen im Rahmen
der Doha-Runde sowie der bilateralen Handelsverhandlungen im Rahmen
der "Global Europe"-Strategie der EU-Kommission. Um der
Lebensmittelkrise zu begegnen, müsse die Bundesregierung ihre
Agrarpolitik grundlegend ändern und die Forderungen des Weltagrarrates
beherzigen, damit Anbaumethoden eine Chance haben, die den jeweiligen
ökologischen und sozialen Bedingungen angepasst sind.
Quelle: Attac Deutschland