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Schriftstellerin Juli Zeh will Zensus boykottieren: "Bußgeld würde ich in Kauf nehmen"

Archivmeldung vom 09.05.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.05.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Die Schriftstellerin Juli Zeh will sich der Volkszählung verweigern. "Ich weiß, dass ich gesetzlich verpflichtet wäre, zu antworten", sagte sie der "taz. die tageszeitung". "Ich werde mich trotzdem verweigern, sollte ich unter den Auserwählten sein."

Von diesem Montag an werden 80.000 Interviewer stichprobenartig zehn Prozent der Bevölkerung direkt zu ihren Lebensumständen befragen. Es ist die erste Volkszählung in Deutschland seit 24 Jahren. Wer sich verweigert, riskiert ein Bußgeld.

"Das Bußgeld würde ich in Kauf nehmen - und dagegen klagen", sagte die Schriftstellerin Zeh in einem Streitgespräch mit Gert G. Wagner, dem Vorsitzenden der Zensuskommission. Zeh: "Genauso wenig wie ich will, dass der Nachbar in meinen Schubladen wühlt, will ich mir Fragen stellen lassen müssen, die meinen persönlichen Lebensbereich betreffen."

Zeh macht sich Sorgen, dass die Volkszählungsdaten missbraucht oder gestohlen werden könnten: "Sichere Daten sind deshalb immer nur die, die nicht erhoben werden."

Kritisch sieht Zeh außerdem, dass die Zensus-Interviewer auch nach dem Migrationshintergrund fragen. Damit gehe Deutschland über die Vorgaben der EU hinaus. "Wir hatten gerade eine sehr laute Debatte zum Thema Migration", sagte Zeh der taz. "Wenn jetzt staatlich erhoben wird, wer alles aus der arabischen Welt kommt, verschärft das die Fronten im angeblichen ,Kampf der Kulturen' doch nur weiter."

Zensuskommissions-Chef Wagner widersprach: "Mit diesen Daten wird die Diskussion über das Leben von Einwanderern auf eine rationale Grundlage gestellt", sagte er der taz. "Wir werden erkennen, dass die Zuwanderung eine Bereicherung für unser gemeinsames Leben ist."

Sorgen um einen möglichen Missbrauch der Zensusdaten bezeichnete er als "irrational". Wagner: "Es geht um Statistik und nicht um Spitzelei." Der Staat brauche eine bessere Grundlage für seine Planung.

Gert G. Wagner, 58, ist Volkswirtschaftprofessor und leitet seit Februar das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.

Die Autorin und Juristin Juli Zeh, 36, hat sich durch ihre Streitschrift "Angriff auf die Freiheit" auch als Bürgerrechtlerin einen Namen gemacht.

Quelle: taz. die tageszeitung

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