Wiesbadener Rechtsanwältin für Ausländerrecht kritisiert Abzocke von Asylbewerbern durch Anwälte und Mediziner
Archivmeldung vom 25.05.2018
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Freigeschaltet durch André OttDie Wiesbadener Rechtsanwältin für Ausländerrecht Michaela Apel kritisiert im Interview mit dem SWR Anwaltskollegen und Ärzte. Ihr Vorwurf: Medizinische Atteste würden teilweise im Schnellverfahren, nach Kurzdiagnose ohne Dolmetscher verfasst. So kritisiert die Anwältin einen Kollegen, der einen Asylbewerber zu einem Hausarzt geschickt habe, damit der ihm in einem ärztlichen Attest verschiedene Krankheiten bescheinige.
In dem Attest ist davon die Rede, dass der Patient unter einer porttraumatischen Belastungsstörung leide, unter einer akuten Depression, sogar eine suizidale Gefahr bestehe. Der Arzt führt aus, diese Diagnose sei "gesichert". Allgemeinmediziner erstellt Diagnosen aus unterschiedlichsten Bereichen Die Anwältin kritisiert: Der Mediziner stelle fachmedizinische Diagnosen aus unterschiedlichsten medizinischen Bereichen, obwohl er nur Allgemeinmediziner sei. Der Arzt, so die Anwältin weiter, habe für dieses "Fünf-Minuten-Attest" 100 Euro bekommen, behauptet jedoch laut Attest, den Patienten regelmäßig gesehen zu haben. Der Anwalt des Flüchtlings habe 300 Euro Vermittlungsprovision bekommen. Die Kosten musste der Asylbewerber aufbringen.
Der Hintergrund für derlei medizinische Atteste: Die geschilderten Erlebnisse der Asylbewerber lassen sich häufig nicht im Detail belegen. Ergibt jedoch eine medizinische Untersuchung, dass etwa posttraumatische Belastungsstörungen vorliegen aufgrund von erlebten Gewalthandlungen im Krieg, gehen die Sachbearbeiter beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge häufig davon aus, dass die Schilderungen der Wahrheit entsprechen. Manipulierte Diagnosen und Atteste helfen somit, Asylverfahren positiv zu beeinflussen.
Quelle: SWR - Südwestrundfunk (ots)