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55,7% der Deutschen sind erschöpft

Archivmeldung vom 07.08.2024

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.08.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Maß der Erschöpfung Gesamtbevölkerung 2024  Bild: Auctority GmbH Fotograf: Auctority/Civey
Maß der Erschöpfung Gesamtbevölkerung 2024 Bild: Auctority GmbH Fotograf: Auctority/Civey

55,7 Prozent der Deutschen fühlen sich einer aktuellen Studie zufolge erschöpft. Mit einem erneuten Anstieg um 2,9 % im Vergleich zum Vorjahr setzt sich ein problematischer Trend fort. Bereits jede sechste Person erreicht dabei kritische Höchstwerte bei der persönlichen Erschöpfung.

Neben der gesundheitlichen Belastung und der Belastung durch Arbeit gewinnt die politische Situation als Ursache der Erschöpfung drastisch an Bedeutung. Gleichfalls erhöht sich bei Erwerbstätigen die Unzufriedenheit über "sinnlose Arbeit" von 40,7 % auf 45,6 %. Die Beratungsagentur Auctority hatte mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey im Juli 2024 eine Befragung bei 5.000 Personen über 18 Jahren aus der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung sowie 2.500 Erwerbstätige durchgeführt.

Zum zweiten Mal in Folge stellt eine Studie der Beratungsagentur Auctority eine deutliche Zunahme der Erschöpfung in Deutschland fest. Mittlerweile gibt eine Mehrheit von 55,7 % der Bevölkerung an, erschöpft zu sein. Ein Anstieg um 2,9 % zum Vorjahr und insgesamt 6,1 % gegenüber 2022. Zugleich ging die Anzahl derjenigen, die sich nicht erschöpft fühlten seit 2022 um 7,5 % zurück. Bei rund einem Sechstel der Befragten erreicht das Maß der Erschöpfung einen kritischen Wert von neun oder zehn Punkten auf einer Skala von null bis zehn.

Dr. Christina Guthier, fachliche Leiterin der Studie, warnt angesichts dieser Zahlen vor Ausfällen und langfristigen Folgen: "Erschöpfung in diesem Umfang macht nicht nur kurzfristige Ausfallerscheinungen, sondern auch längerfristige Schäden wahrscheinlich. Gesundheit, Produktivität und auch die allgemeine Zuversicht der Menschen drohen zu leiden.

Frauen schätzen sich mit 58,8 % gegenüber Männern mit 52,4 % etwas häufiger als erschöpft ein. Kinder im Haushalt spielen eine Rolle, die Erschöpfung liegt in dieser Gruppe mit 65,1 % ebenfalls deutlich über dem Mittelwert. Bereits in der jüngsten befragten Altersgruppe von 18 bis 29 Jahren erreicht die Erschöpfung schon 58 %. Lediglich in der Altersgruppe über 65 zeigt sich eine relative Mehrheit von 44,3 % nicht erschöpft, gegenüber 40,5 % Erschöpften. Auch wer selbständig beschäftigt ist, entkommt der Erschöpfung eher als andere. Zwar sind auch 49,5 % der Selbständigen erschöpft, zugleich ist aber ein großer Teil von 38,1 % nicht erschöpft.

Häufigster Grund für die Erschöpfung ist mit 38 % die persönliche Gesundheit der Befragten. Hier spiegelt sich insbesondere die demografische Situation Deutschlands mit einer alternden Bevölkerung wider. Bei Personen unter 50 Jahren ist die Belastung bei der Arbeit der Hauptgrund für die Erschöpfung. So sind beispielsweise Arbeiter mit 76,1 % weit überdurchschnittlich erschöpft, fast die Hälfte von Ihnen nennt die Belastung bei der Arbeit auch als Hauptgrund.

Wirtschaftspsychologin Christina Guthier verweist allerdings auf komplexe Zusammenhänge: "Über Erschöpfung wird typischerweise bei Themen rund um Gesundheit oder Arbeit gesprochen. Dabei kann Erschöpfung aus den unterschiedlichsten Bereichen und Gründen auftreten; nicht zuletzt auch durch Freizeitaktivitäten. Gelingt es einem nicht, für ausreichend Erholung zu sorgen - und diese kann durchaus auch im Arbeitskontext auftreten - sind Krisen auf Dauer kaum vermeidbar."

Vor diesem Hintergrund sticht besonders die Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen heraus. Sie hat insgesamt das breiteste Spektrum an erschöpfenden Einflüssen. Weit mehr als ein Drittel gibt hier die Arbeit als Hauptbelastung ihrer Erschöpfung an, fast die Hälfte allerdings auch "die allgemeine politische Situation". Insgesamt wird diese mit 37,1 % mittlerweile als zweithäufigster Grund für Erschöpfung bei allen Befragten angegeben. Ein markanter Anstieg, im Vorjahr lag der Wert noch bei 30,1 %.

Dr. Walter Reimund, fachlicher Begleiter der Studie, sieht darin ein alarmierendes Signal und warnt vor einem Abdriften bestimmter Bevölkerungsgruppen. "Im Gegensatz zur individuellen Gesundheit oder der Arbeitsbelastung ist die politische Situation nichts Greifbares, sondern eher eine Frage des Lebensgefühls. Es scheint sich hier eine problematische Gemengelage aus enttäuschten Erwartungshaltungen, fehlender Zugehörigkeit und Einsamkeit, aber auch medial emotionalisierter Probleme zu verfestigen."

In der Gruppe derer, welche die allgemeine politische Situation als Grund für Erschöpfung angaben, zeigt sich dementsprechend auch ein Bild von Frustration. Auf die Frage, warum man die allgemeine politische Situation als erschöpfend empfindet, geben 66,9 % "fehlendes Vertrauen in das System" an. Eine Mehrheit von 50,6 % glaubt zudem, die eigene Meinung nicht offen sagen zu können. Jeweils gut 47 % meinen, man "kann selbst nichts ändern" und "Politik macht nichts für mich". Besonders hoch ist der Anteil derer, die sich aufgrund der allgemeinen politischen Situation erschöpft fühlen bei denjenigen, die Linkspartei (59,8 %) oder AfD (52,5%) wählen. Die Hintergründe der politisch bedingten Erschöpfung unterscheiden sich bei den unterschiedlichen Richtungen allerdings deutlich. Während die Wählenden der Linkspartei vor allem "fehlende Solidarität und Zusammenhalt" sehen (90,9%), steht bei AfD-Wählenden "fehlendes Vertrauen in das System" an erster Stelle (83,4 %).

Einen Schwerpunkt legt die Studie auch auf die beruflich bedingte Erschöpfung und die Frage, wie man dieser begegnen kann. Dabei wünschen sich insgesamt 31,7 % der befragten Erwerbstätigen ein geringeres Arbeitspensum, ein Rückgang um 3 % zum Vorjahr. Mehr Zeit für ihre Aufgaben wünschen sich 27,2 % gegenüber 26,3 % im Vorjahr. Als wichtigste Maßnahme gegen die Erschöpfung wünschen sich aber 45,5 % der Erwerbstätigen "weniger sinnlose Arbeit", ein Wert, der im Vergleich zum Vorjahr um 4,9 % zugenommen hat.

Andreas Scheuermann sieht hierin ein Problem für die Transformationsaufgabe der deutschen Wirtschaft. "Sinnlose Arbeit entsteht dort, wo sich Bürokratie im Unternehmen breit macht. Man kommt nicht zu dem, was man eigentlich tun will, weil man ständig andere Aufgaben vorgesetzt bekommt. Sinnlose Arbeit kostet Motivation, Produktivität und Wertschöpfung. Besonders problematisch wird es, wenn Zukunftsaufgaben liegenbleiben".

Sinnlose Arbeit wird in allen Berufsfeldern erlebt, wobei diese im Bereich der Angestellten gegenüber den Arbeitern mit 48,4 % zu 43,7 % stärker präsent ist. Markant hebt sich die Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen ab, wo sich 56,4 % weniger sinnlose Arbeit wünschen. Bei den noch in Ausbildung befindlichen sind es sogar 60%. "Wer beim Einstieg in die Berufswelt ein solches Maß an sinnloser Arbeit erlebt, wird dem Unternehmen nicht sehr lange verbunden bleiben", resümiert Andreas Scheuermann. "Sinnlose Arbeit macht Arbeitgeber unattraktiv".

Über die Studie

Im Auftrag der Beratungsagentur Auctority hat das Meinungsforschungsinstitut Civey im Juli 2024 deutschlandweit 5.000 Personen aus der Gesamtbevölkerung ab 18 Jahren zum Thema Erschöpfung sowie nochmals 2.500 Erwerbstätige zu Maßnahmen in der Arbeitswelt befragt. Die fachliche Leitung der Studie lag bei der Wirtschaftspsychologin Dr. Christina Guthier aus Düsseldorf, fachlich beraten hat zudem Dr. Walter Reimund aus Darmstadt. Die Ergebnisse der Studie werden im September als Broschüre veröffentlicht und können per E-Mail angefordert werden unter [email protected]

Quelle: Auctority GmbH (ots)

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