Rußfilterskandal: Bundesregierung muss Deutscher Umwelthilfe Prüfdaten überlassen
Archivmeldung vom 23.11.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Bundesregierung muss gegenüber der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) Messdaten über die Wirksamkeit von Feinstaubfiltern zur Nachrüstung von Diesel-Pkw offen legen.
Das entschied heute die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Dessau, nachdem die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation das dem Bundesumweltministerium (BMU) unterstellte Umweltbundesamt (UBA) seit Anfang November 2006 vergeblich zur Herausgabe der Messergebnisse auf Grundlage des Umweltinformationsgesetzes aufgefordert hatte (AZ: 1 A 156/07 DE). Die DUH erwartet, dass aus den Messergebnissen eines vom
Umweltbundesamt beauftragten Schweizerischen Prüflabors zweifelsfrei
hervorgeht, dass die Bundesregierung bereits im Herbst 2006 über
alarmierende Fehlfunktionen der Nachrüstfilter der Firma GAT
unterrichtet war.
Das Bundesumweltministerium hatte nicht nur der DUH die Einsicht
in das Gutachten verwehrt, sondern offensichtlich auch das für die
Kontrolle von Partikelminderungssystemen zuständige
Kraftfahrtbundesamt (KBA) nicht über die Untersuchungsergebnisse
informiert. Bei rechtzeitiger Reaktion der verantwortlichen Behörden
hätten die nun erst seit wenigen Tagen vorliegenden
Nachprüf-Ergebnisse des KBA in der Substanz bereits im Oktober 2006
bekannt sein können. So hätte verhindert werden können, dass etwa
60.000 mangelhafte Betrugsfilter in die Diesel-Pkw ahnungsloser
Autohalter eingebaut werden. Die Nachrüstung von Dieselfiltern wird
seit April 2007 mit einem Steuerabschlag von 330 Euro belohnt,
außerdem erhalten nachgerüstete Diesel-Pkw eine günstigere
Feinstaubplakette, die das Einfahren in künftige Umweltzonen
zahlreicher deutscher Großstädte ermöglicht.
Aus den massiven Problemen bezüglich der Wirksamkeit von Filtern
der Firmen GAT, Bosal und Tenneko/Walker waren wegen der Untätigkeit
der Bundesregierung schließlich erst mit monatelanger Verzögerung
Konsequenzen gezogen worden. Seit Oktober 2007 wurden die
Betriebserlaubnisse für die mangelhaften Filter vom KBA schrittweise
gelöscht. Mit der Überprüfung der Betrugsfilter begann das dem
Bundesverkehrsministerium unterstellte KBA erst, nachdem die DUH die
Ergebnisse von Vergleichsuntersuchungen anderer Prüflabors im August
2007 veröffentlicht hatte.
"Wir fordern die rückhaltlose Aufklärung des Rußfilterskandals.
Die Verantwortlichen für die fast einjährige Vertuschung zentraler
Untersuchungsdaten müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Sie sitzen
im Bundesumweltministerium. Es kann nicht sein, dass jetzt
ausgerechnet im Umweltbundesamt die Schuld für das eingetretene
Desaster gesucht wird. Die dortigen Verantwortlichen wollten die
Bevölkerung ausweislich der Gerichtsakten frühzeitig informieren und
wurden aus der Leitungsebene des Ministeriums daran gehindert", sagte
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Um den Schaden für die Luftreinhaltepolitik in Deutschland nicht
noch größer zu machen, sei es unumgänglich, jetzt alle
"funktionsuntüchtigen Filter zurückzurufen und den betroffenen
Autohaltern einen kostenlosen Austausch gegen seriöse Systeme zu
garantieren." Nur unter dieser Voraussetzung könne die
Steuerbefreiung und die Höherstufung bei den Feinstaubplaketten für
die Betroffenen Bestand haben.
Um darüber hinaus für die Zukunft ein ähnliches Desaster
auszuschließen, forderte Resch Bundesverkehrsminister Tiefensee und
Bundesumweltminister Gabriel auf, umgehend ein sachgerechtes
Kontrollsystem für die Wirksamkeit von Nachrüstfiltern zu
installieren. Dazu sei es nötig, dass das Kraftfahrtbundesamt sofort
einen "Schnelltest" zur Überprüfung aller zur Zulassung angemeldeten
Filtersysteme entwickelt. Außerdem müsse die Wirksamkeit im Rahmen
der periodischen Abgasuntersuchung (AU) aller Pkw geprüft werden, was
bisher nicht der Fall ist. "Wir brauchen jetzt einen glaubwürdigen
Neustart der Rußfilter-Nachrüstung mit Systemen, die die zuständige
Bundesbehörde auf ihre Funktionstüchtigkeit kontrolliert. Und wir
brauchen ein aktives Eintreten der zuständigen Politiker für eine
schnelle Reduktion der Feinstaubwerte in den hoch belasteten
Ballungszentren", appellierte Resch an die Minister Gabriel und
Tiefensee.
Das Umweltbundesamt, das die Untersuchungen eines schweizerischen Labors im Auftrag des Bundesumweltministeriums veranlasst hatte, hatte der DUH im Frühjahr 2007 mehrfach - auch schriftlich - die Einsicht in das entsprechende Gutachten zugesagt. Nach einer Intervention des Bundesumweltministeriums hatte das Amt die Zusage zurückgezogen, woraufhin die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation beim Verwaltungsgericht Dessau (dem Sitz des Umweltbundesamts) eine "Untätigkeitsklage" gegen die Bundesregierung einreichte, der das Gericht heute stattgegeben hat.
Quelle: Pressemitteilung DUH