Günter Grass kritisiert scharf die "Niedertracht" seiner Kritiker
Archivmeldung vom 13.10.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGünter Grass beklagt die "Niedertracht", mit der versucht worden sei, ihn "mundtot zu machen". Kurz vor seinem 80. Geburtstag am 16. Oktober sagt er im Interview mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger", die Reaktion auf sein Buch "Vom Häuten der Zwiebel", in dem er seine Zugehörigkeit zur Waffen-SS offenlegte, habe ihn sehr getroffen. Gegen "diese Machart, diese Niedertracht" sei "kein Kraut gewachsen".
Der Literaturnobelpreisträger hat allerdings Verständnis für den
Vorwurf, dass dieses Bekenntnis spät gekommen sei: "Ja, das sagen mir
auch Freunde." Er selbst habe sich gefragt, wie es dazu kommen
konnte, "dass ich diese kurze Phase von drei oder vier Monaten, in
denen ich als Siebzehnjähriger bei der Waffen-SS eingezogen war, in
mir verkapselt hatte." Er habe nie ein Hehl daraus gemacht, dass
seine "Generation, wenn kein Widerstand vom Elternhaus her kam,
dieser Ideologie des Nationalsozialismus ausgeliefert" war. Grass
weiter: "Wir waren begeistert
beim Jungvolk, bei der Hitlerjugend, und ich habe wie ein Idiot bis
zum Schluss an den Endsieg geglaubt." Davon spreche sein Buch, auch
von dem "Versagen als Jugendlicher", in bestimmten Situationen nicht
Fragen gestellt zu haben.
Er habe noch nie so viele Briefe bekommen wie zu dem Buch "Vom Häuten
der Zwiebel". "Viele bedankten sich, dass sie nach der Lektüre zum
ersten Mal in der Lage gewesen wären, mit ihren Kindern und Enkeln
über ihre Kriegserlebnisse zu sprechen. Und umgekehrt schrieben junge
Leute: Zum ersten Mal habe der Vater oder Großvater ihnen erzählt,
was ihm im Krieg widerfahren sei. Ich glaube: So geht es vielen."
Quelle: Pressemitteilung Kölner Stadt-Anzeiger