Celik warnt vor "politischen Tribunal" zur Corona-Pandemie
Der Lungenfacharzt Cihan Celik warnt davor, die Diskussion über etwaige Fehler in der Corona-Pandemie zu einem "politischen Tribunal ohne Erkenntnisgewinn" verkommen zu lassen.
Der Lungenfacharzt am Klinikum Darmstadt sagte der "Frankfurter
Allgemeinen Sonntagszeitung": "Es ist auffällig, dass man sich bei der
'Corona-Aufarbeitung' vor allem auf als unnötig empfundene
Einschränkungen fokussiert, während der zu lasche Umgang mit der
Pandemie in kritischen Zeiträumen wie vor der zweiten Welle kaum
thematisiert wird, weil diese Seite kein politisches Momentum in der
aktuellen Lage hat." Eine sachliche Aufarbeitung jedoch müsse beides
berücksichtigen.
Celik kritisiert, dass im Rückblick die
wissenschaftliche und die politische Ebene oft vermischt würden. Während
man über politische Strategien streiten könne, gelte das für den
Kenntnisstand der Wissenschaft nur begrenzt. "Wenn man sagt, man hätte
Strategien mit weniger Einschränkungen für die Bevölkerung fahren
müssen, dann ist das legitim", so der Oberarzt. "Aber dann muss man auch
sagen, was der Preis dafür gewesen wäre. Mehr Öffnung und Durchseuchung
in einer immunnaiven Bevölkerung hätten mehr Menschenleben gekostet."
Zudem
erinnerte Celik, der für seine Verdienste in der Pandemie mit dem
Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, daran, dass alle
Verantwortlichen zunächst Erfahrungen mit dem völlig neuen
Krankheitsbild sammeln mussten. Auch Ärzte hätten gleichzeitig handeln
und lernen müssen, etwa bei der besten Form der Beatmung von
Covid-Patienten. Etwaige Fehler dürften deshalb nicht mit dem Wissen von
heute verurteilt werden. "Für die retrospektive Aufarbeitung
politischer Abwägungen und Entscheidungen muss der damalige
Kenntnisstand die faktische Grundlage sein", so Celik.
Quelle: dts Nachrichtenagentur