Bei einfachen Verkehrsdelikten ist ein Passregister-Abgleich bedenklich
Archivmeldung vom 15.05.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlMit seinen Plänen, die Datensicherheitsgesetze zu verschärfen, hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble heftige Diskussionen ausgelöst. Dass staatlich gesammelte Daten bereits heute intensiv genutzt werden, wird dabei schnell übersehen.
„Schon beim Kampf gegen den ganz normalen Terror auf unseren Straßen kommt der Datenabgleich zum Einsatz“, erläutert der auf Verkehrsstrafrecht spezialisierte Rechtsanwalt Christian Demuth aus Düsseldorf, „wer rast oder bei Rot über die Ampel fährt, muss damit rechnen, dass das dabei von ihm geschossene Foto mit den Fotos aus dem Pass- oder Personalausweisregister abgeglichen wird.“
Der Grund: Die Bußgeldstellen versuchen sich auf diese Weise Gewissheit über die Identität des Fahrers zu verschaffen. Das ist in der Praxis oft wesentlich einfacher als die klassische Ermittlungstätigkeit durch das Befragen von Angehörigen, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, Nachbarn oder Arbeitskollegen. Und viele Gerichte stufen diese Vorgehensweise als rechtmäßig ein. Zum einen halten sie Ermittlungen vor Ort für zu aufwändig, zum anderen sehen sie im Lichtbildabgleich einen geringeren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht als bei einer Befragung des privaten Umfelds.
„Hier verkennen die Gerichte den geringen Unwertgehalt der Ordnungswidrigkeit“, reklamiert Demuth. „Die Verletzung des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf informationelle Selbstbestimmung darf im Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten nicht zum Normalfall werden.“ Der Strafrechtler beruft sich auf den Bundesgerichtshof, der bereits 1996 in der „Hörfalle-Entscheidung“ festgelegt hat, dass Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen nur gerechtfertigt sind, wenn die Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung durch den Einsatz anderer Ermittlungsmethoden erheblich erschwert wird. Betroffenen rät Demuth, im gerichtlichen Verfahren der Verwertung der Passbilder ausdrücklich zu widersprechen.
Quelle: Pressemitteilung Rechtsanwalt Christian Demuth