Verfassungsschutz zu NSA-Affäre: Europa muss im Cyber-Bereich technisch aufholen
Archivmeldung vom 23.12.2013
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.12.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAls Konsequenz aus dem NSA-Abhörskandal plädiert das Bundesamt für Verfassungsschutz dafür, Europa im Cyber-Bereich technisch zu stärken und autonomer von den USA aufzustellen. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, "wenn wir aus der NSA-Affäre eine Erkenntnis ziehen können, dann ist es die, dass wir in Europa technisch weit zurückliegen." Die Frage sei, "ob man sich in Kontinentaleuropa gemeinsam darauf verständigen kann, hier aufzuholen".
Maaßen nannte als Beispiel die Luftfahrt. "In den 1970er und 1980er Jahren haben wir Europäer gesagt, dass wir uns nicht länger durch die Amerikaner, durch die Firma Boeing, in der Luftfahrtindustrie dominieren lassen wollen. Heute gibt es den Weltkonzern Airbus", erklärte Maaßen. "Nun müssen die Europäer für sich klären, ob wir im Bereich der sensiblen IT-Technik bis hin zu Anti-Virenprogrammen autonomer werden wollen."Mit Blick auf die europäische Technik bei Hardware, Software oder Mobilfunk-Endgeräte " müssen wir überlegen, ob wir uns hier nicht als Europäer selbstständig machen müssten von den USA und auch von China und eigene Produkte fördern", sagte der Verfassungsschutzpräsident. Auch die Dienste in Deutschland bräuchten "eine technische Ertüchtigung". "Das, was wir früher konnten, das Abhören von Terrorverdächtigen über die Deutsche Bundespost oder später das Abhören über Provider, Mobilfunke und Festnetze, hat sich verändert", erklärte Maaßen. "Unser Gegenüber, Extremisten und Terroristen, benutzen heutzutage ganz moderne Technik. Dazu brauchen wir einfach auch eine bessere technische Ausstattung. Da müssen wir immer auf der Höhe der Zeit bleiben", stellte der Verfassungsschutzpräsident klar. Dass ein Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel von der NSA abgehört wurde, hat auch den Verfassungsschutz überrascht. "Ich habe es als realistisch angesehen, dass ausländische Nachrichtendienste sich für Telefongespräche der deutschen Regierungschefin interessieren und nach Möglichkeit versuchen, auch die Telefongespräche der Bundeskanzlerin mitzuhören", sagte Maaßen. " Aber ich habe mir nicht vorgestellt, dass auch unsere ausländischen Partner das tun würden, selbst wenn sie die technischen Möglichkeiten dazu hätten." Vor diesem Hintergrund plädierte Maaßen für "eine Neujustierung der Spionageabwehr, eine Art 360-Grad-Blick". "Wir dürfen nicht länger nur auf die üblichen Verdächtigen schauen, sondern müssen auch beobachten, was Partner und Freunde in Deutschland tun." Maaßen räumte mit Blick auf die technischen Möglichkeiten zugleich ein: "Dies ist aus dem jetzigen Bestand so nicht möglich."
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)