Deutscher Olympia-Missionschef setzt für Peking höhere Medaillenausbeute als in Athen als Ziel
Archivmeldung vom 12.07.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Missionschef der deutschen Olympia-Delegation und Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes, Michael Vesper, hat vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking eine höhere Medaillenausbeute für die deutsche Mannschaft als 2004 in Athen als Ziel ausgegeben.
Zugleich wies er mit Blick auf die Doping-Problematik in einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" (Sonnabend-Ausgabe) darauf hin, dass "die Abschreckungswirkung noch nie so hoch wie jetzt in Peking" gewesen sei. Kritisch äußerte sich Vesper in diesem Zusammenhang zur öffentlichen Vernachlässigung des Wettkampf-Gedankens zugunsten einer auch per Fernsehen in Szene gesetzten Rekordjagd.
"Wir müssen stärker zum Wettkampf-Denken zurückkommen und aufhören mit der Jagd auf absolute Rekorde", sagte Vesper. "Warum müssen beim Schwimmen im Fernsehen die Linien der Weltrekorde eingeblendet werden? Wer einen Wettkampf gewonnen, aber den Rekord verfehlt hat, wird da schnell zum Versager gestempelt." Das Publikum sei fasziniert vom Wettkampf, nicht von abstrakten Rekorden.
Unter Hinweis auf die für kommenden Dienstag anstehende Entscheidung der Verbandsspitze über die noch offenen Härtefälle für Athleten, die nicht oder nur zum Teil die vom Verband gesetzten Olympianormen geschafft hätten, machte Vesper den in Frage kommenden Athleten Hoffnung. "Wir werden jeden Einzelfall genau prüfen. Wem wir eine Endkampf-Chance zutrauen, der darf hoffen. Wir wollen aber ganz sicher nicht, wie gelegentlich gespottet wurde, ein Reiseunternehmen Peking veranstalten."
Zuversichtlich zeigte sich der deutsche Missionschef über die sportlichen Perspektiven der Mannschaft, die in Athen mit 14 Gold-, 16 Silber- und 18 Bronzemedaillen auf Platz sechs der inoffiziellen Nationenwertung erreichte. "Wir sind dabei, sportlich die Talsohle zu durchschreiten. Wir sind erfolgsorientiert. Wir wollen in Peking mehr Medaillen gewinnen als in Athen. Allerdings wollen wir nur saubere Erfolge" so Vesper.
Athen sei der Auslöser für die Fusion des Deutschen Sportbundes und des Nationalen Olympischen Komitees gewesen. "Seit Barcelona 1992 ging es mit der deutschen Erfolgsbilanz bei Olympischen Sommerspielen stetig bergab. Inzwischen greift ein neues Leistungssportmodell." Für Peking sei zwar "noch nicht mit dem großen Durchbruch zu rechnen". Aber, so Vesper zuversichtlich: "2012 in London sind wir wieder da. Peking soll ein erster Meilenstein auf dem Weg zur Wende sein." Der internationale Konkurrenzkampf sei sehr viel härter geworden. "Platz fünf im Nationenwettbewerb wäre da schon ein sehr großer Erfolg", betonte der DOSB-Generaldirektor.
Enttäuschte deutsche Erfolgshoffnungen sollten jedenfalls nicht mit international ungleicher Doping-Praxis erklärt werden, meinte Vesper. "Wir Deutsche neigen gelegentlich dazu, uns in der Doping-Debatte zu bejammern. Das ist nicht angebracht." Seit der Jahrtausendwende gebe es die Weltantidoping-Agentur WADA. "Der WADA-Code setzt verbindliche und vergleichbare Kriterien für alle Nationen und Verbände. Das greift noch nicht überall. Aber es gibt viele Länder, in denen genauso hart gegen Doping vorgegangen wird wie bei uns." Missbrauch und Abweichungsverhalten gebe es immer. "Aber noch nie war die Abschreckungswirkung so hoch wie jetzt in Peking. Es wird 4500 Kontrollen geben. Ein Drittel mehr als in Athen. Jede gezogene Probe wird auf acht Jahre eingefroren, so dass sich kein Doper sicher sein kann, dass er nicht später, bei verbesserten Analysemethoden, doch noch erwischt wird", sagte Vesper. "Auch der DOSB hat ein knallhartes Antidopingmanagement eingeführt. Wir werden alles tun, damit unsere Mannschaft sauber ist und sauber bleibt."
Quelle: Leipziger Volkszeitung