Interview mit Michael Schumacher
Archivmeldung vom 11.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMichael Schumacher hat nach seinem Sieg in Monza zunächst im Rahmen der obligatorischen Presekonferenz die Gründe für seinen Rücktritt erklärt. Unmittelbar danach stellte er sich den Fragen von RTL-Reporter Kai Ebel. Nachfolgend das Interview im Wortlaut:
Michael Schumacher: "Ein Riesen-Dankeschön natürlich meinem Vater,
meiner Frau und meinen Kindern, die mich in jeder Hinsicht
unterstützt haben, mir den Rücken frei gehalten haben. Irgendwann
kommt einfach der Zeitpunkt, wo man sich Gedanken machen muss um die
Zukunft. Und für die Zukunft habe ich einfach nicht mehr die
Möglichkeit gesehen, die Energie und die Kraft zu finden und
aufzuwenden, die ich benötige, um weiterhin in der Formel 1
konkurrenzfähig sein zu können. Um noch ein bisschen rum zu fahren,
das kann sicher nicht mein Motiv sein. Wenn, dann habe ich den
Anspruch, das auf höchstem Niveau zu machen und machen zu wollen. Das
kann ich jetzt noch, aber ich stelle mich selber in Frage, ob ich das
noch in Zukunft machen könnte. Deswegen ist es dann besser, glaube
ich, diese Entscheidung zu treffen."
Kai Ebel: Wann war Ihnen klar, das ist mein letzten Formel 1-Jahr?
Michael Schumacher: "Die Entscheidung ist im Prinzip nach
Indianapolis gefallen, und der Grund lag darin, dass für Felippe
(Massa) der Zeitpunkt dieser war, um für sich eine Entscheidung zu
treffen, in welche Richtung es für ihn geht. Die Natur der Dinge war
natürlich, dass man bei Ferrari auf meine Entscheidung gewartet hat,
um zu gucken, wo geht meine Reise hin, ob man mit Felippe verhandeln
soll oder auch nicht, oder ob man ihn für andere Wege freigeben soll
oder nicht. Ich bin der Meinung, ich habe so viele schöne Momente und
so viel Erfolg gehabt, da muss man nicht dem jungen Piloten, der auch
noch ein klasse Typ ist, mit extrem viel Talent gesegnet ist, im Wege
stehen. In der Hinsicht habe ich die Entscheidung getroffen nach
Indianapolis, so das der Weg frei war für Felippe."
Kai Ebel: Hat Sie Ferrari Sie da auch ein bischen gedrängt?
Michael Schumacher: "Nein, in keiner Hinsicht, im Gegenteil. Wer hat
schon die Zeit und Möglichkeiten gehabt, die ich in all meinen Jahren
hatte. Und das liegt sicherlich im ganz Großen daran, dass Jean
(Todt) in jeder Hinsicht zu mir gestanden hat. Aber nicht nur Jean,
auch unser Präsident Luca di Montezemolo, der zu jeder Zeit gesagt
hat, egal wann, egal wie, und wenn wir alles noch einmal ändern
müssen. Egal, wenn du dir nicht sicher bist, kannst du auch noch mal
ändern. Also, sie haben mir alle Freiheiten gelassen, die ich mir
hätte denken können. Das zeigt ganz einfach die Atmosphäre und die
Freundschaft, die wir bei Ferrari haben."
Kai Ebel: Inwiefern hat Corinna (Schumacher) bei der
Entscheidungsfindung mitgeholfen?
Michael Schumacher: "Das ist selbstverständlich, dass Corinna nicht
nur bei der Entscheidungsfindung mir geholfen hat, sondern auch bei
all den schwierigen Momenten. Gerade in diesen Momenten, wo es
schwierig wurde, zeigt sich dann letzten Endes die Stärke und der
Charakter, und an den habe ich mich jederzeit stützen können. Sie hat
mich natürlich auch bei meiner Entscheidung in der Hinsicht voll
unterstützt, hat mir ihre Pro und Contras aus ihrer Sicht darlegen
können, die für mich immer sehr wichtig waren auch in anderen
Momenten. Insofern war die Entscheidung dann gar nicht mehr so
schwierig."
Kai Ebel: Haben Sie in den letzten Tagen schon mal Ihre ganze
Rennfahrerkarriere Revue passieren lassen?
Michael Schumacher: "Nein, dafür ich zu sehr im Training beschäftigt,
als dass ich dafür Momente und Zeit hätte. Das passiert dann
sicherlich irgendwann, wenn ich mal in Ruhe in meinem berühmten
Schaukelstuhl sitze. Dann habe ich Zeit und auch Muße, darüber
nachzudenken, vielleicht auch darüber zu reden, aber jetzt sicherlich
nicht."
Kai Ebel: Aber Ihnen ist schon bewusst, das eine ganze Generation
in Deutschland mit Ihnen aufgewachsen ist?
Michael Schumacher: "Okay, das ist richtig, und es freut mich auch,
dass ich so viel habe bewegen können im Motorsport, speziell in
Deutschland, aber vielleicht auch anderswo. Das ist schon ein
Privileg und macht mich stolz."
Kai Ebel: Viele Fans überlegen ja schon, ob nicht der Rücktritt
vom Rücktritt kommt. Können Sie sich vorstellen, irgendwann mal
wiederzukommen?
Michael Schumacher: "Ich würde nicht jetzt eine Entscheidung treffen,
wenn ich schon wüsste, das ich nächsten Monaten wieder einsteigen
sollte, das würde ja keinen Sinn machen. Also ist die Frage zwar
berechtigt, aber da gibt es natürlich keine Gedanken in der
Hinsicht."
Kai Ebel: Wer, glauben Sie, könnte aus deutscher Hinsicht in Ihre
Fußstapfen treten?
Michael Schumacher: "Ich glaube, wir haben sehr gute und viele
deutsche Rennfahrer. Nick (Heidfeld) zeigt ja gerade in dem Moment,
wo er ein gutes Auto hat, was er imstande ist zu leisten. Wir haben
mit Sebastian Vettel einen neuen Nachwuchsfahrer. ...Habe ich jetzt
irgend jemanden vergessen, der als Deutscher noch mit drin ist?
...Ich denke mal, das sind die zwei wichtigsten Namen, die man im
Moment nennen könnte."
Quelle: Pressemitteilung RTL