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Homosexualität weiterhin Tabuthema im Profifußball?

Archivmeldung vom 06.01.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.01.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Nils Fabisch / pixelio.de
Bild: Nils Fabisch / pixelio.de

Auch ein Jahr nach dem Coming-out des Ex-Nationalspielers Thomas Hitzlsperger scheint Homosexualität im deutschen Profifußball offenbar noch immer ein Tabuthema. Das legt das Ergebnis einer Umfrage der "ARD-Recherche-Redaktion Sport" unter allen Trainern der 36 Erst- und Zweitligisten nahe. Auf eine schriftliche Anfrage haben 14 Vereine überhaupt nicht reagiert, elf sagten die Teilnahme an der Umfrage ab. Gerade einmal elf Klubs - also nur gut ein Viertel aller deutschen Profivereine - haben sich inhaltlich zum Thema geäußert. Darunter waren u. a. die Erstligisten Augsburg, Bremen, Dortmund, Hannover, Köln und Paderborn.

Die "ARD-Recherche-Redaktion Sport" stellte per E-Mail Fragen wie "Wie würden Sie reagieren, wenn ein Spieler zu Ihnen käme und sich als homosexuell outet?" oder "Nehmen Sie homophobe Fangesänge oder Äußerungen in den Stadien wahr?" Verwunderung herrscht in der anfragenden Redaktion vor allem über die pauschalen Absagen der Erstligisten aus Berlin, Frankfurt, Hamburg, Hoffenheim, Leverkusen, München und Stuttgart.

Die Sportwissenschaftlerin Tanja Walther-Ahrens, die seit Jahren gegen Homophobie im Fußball kämpft, äußert sich enttäuscht: "Das ist traurig und zeigt, dass sich eben doch relativ wenig bewegt. Kein anderes großes Unternehmen, und nichts anderes sind Profivereine mittlerweile, könnte sich sowas leisten." Sie hatte große Hoffnungen in das Coming-out von Thomas Hitzlsperger gelegt. "Sein Schritt war nicht mal ein Startschüsschen, das müssen wir jetzt rückblickend sagen", so Tanja Walther-Ahrens. "Ich habe keine großen Veränderungen wahrgenommen. Es ist ein Problem, dass es homosexuelle Spielerinnen und Spieler gibt, die sich nicht wohlfühlen und aufgrund ihrer Sexualität diskriminiert werden."

Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes Wolfgang Niersbach wünscht sich im Interview mit der "ARD-Recherche-Redaktion Sport" einen unaufgeregteren Umgang mit dem Thema: "Thomas Hitzlsperger ist für mich ein ermutigendes Beispiel, wie es gehen kann. 95 Prozent aller Reaktionen waren positiv. Und das ist ein gutes Signal, was uns in der ganzen Verhaltensweise auch bestätigt, es eben nicht mehr als total außergewöhnlichen Vorgang zu betrachten, sondern als ein Stück Normalität. Zur Wahrheit gehört aber natürlich auch, dass wir noch kein Beispiel vorzeigen können von einem aktiven Fußballprofi, der Woche für Woche vor 50.000 Zuschauern im Stadion spielt." Niersbach sicherte homosexuellen Fußballern, die sich outen wollen, seine volle Unterstützung zu.

Trotzdem stehen Niersbach und der DFB in der Kritik. "Wenn sich jemand wirklich mit dem Thema beschäftigen würde, sehe das anders aus", sagt der ehemalige Fußballer Marcus Urban, der selbst homosexuell ist. Er wirft dem Verband vor, sich nur nach besonderen Ereignissen und der damit verbundenen Medienberichterstattung öffentlich mit Homosexualität im Fußball zu beschäftigen. Auch Tanja Walther-Ahrens findet, dass der DFB viel mehr machen müsste. "Er könnte das Thema zum Beispiel in die Aus- und Weiterbildung der Trainer aufnehmen." Wolfgang Niersbach wies Kritik an der Arbeit des DFB zurück.

Quelle: SWR - Südwestrundfunk (ots)

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