Fußball/1. Bundesliga: Kritik an Schiedsrichtern wird stärker
Archivmeldung vom 10.11.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakWieder einmal sorgten die Schiedsrichter für Diskussionsbedarf. Besonders der Umgangston zwischen Schiedsrichtern, Spielern und Trainern wird härter. Ein Grund dafür ist eine Aussage von Jens Lehmann.
Nach dem 2:2 zwischen Eintracht Frankfurt und dem VfB Stuttgart bezog Schiedsrichter Babak Rafati von allen Seiten verbale Prügel - und Jens Lehmann hob sich aus dem vielstimmigen Kreis der Kritiker besonders hervor. "Wenn man so viele Fehler macht, ist es erstaunlich, dass man noch als FIFA-Schiedsrichter durchgeht. Wir haben allen Grund, uns über die Leistung des Schiedsrichters nicht gerade glücklich zu zeigen. Was der Mann da macht, ist unglaublich", schimpfte der am Montag 39 Jahre alt gewordene Torhüter der Schwaben über den Unparteiischen.
Mit einer Reihe unglücklicher Entscheidungen hatte sich Rafati, der vor dem 2:0 der Hessen durch Doppel-Torschütze Nikos Liberopolous (18./66.) ein klares Foul des Griechen übersehen hatte, aber nicht nur den Zorn der Stuttgarter zugezogen. Nach dem Anschluss von Martin Lanig (71.) löste der späte Ausgleich von Mario Gomez (87.) heftige Kontroversen aus. Zunächst verweigerte Rafati dem Treffer wegen eines angeblichen Foulspiels des Nationalstürmers die Anerkennung, ehe er sich von seinem Assistenten Robert Hartmann umstimmen ließ. "Zu dieser Entscheidung möchte ich nichts sagen, weil ich nicht so viel Geld habe, wie ich bezahlen müsste", verkniff sich Eintracht-Trainer Friedhelm Funkel öffentliche Kritik am Schiedsrichter.
Ganz anders Lehmann, der in den umkämpften 90 Minuten vor 51.000 Zuschauern wegen Meckerns bereits seine vierte Gelbe Karte in der noch jungen Saison gesehen hatte. "Ich habe nicht einmal etwas Böses zum Schiedsrichter gesagt. Das ist unglaublich, einfach schlecht. Ich finde, es muss Bessere geben. Das kann so nicht weiter gehen und ist auch traurig für die Liga. Wir müssen mit Tatsachenentscheidungen leben. Aber das heute war die Krönung", wetterte der Schlussmann.
Trotz seiner verbalen Schelte muss Lehmann wohl keine Konsequenzen durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) fürchten. Da es sich um eine freie Meinungsäußerung und keine Schiedsrichterbeleidigung handele, sei ein Ermittlungsverfahren des Kontrollausschusses nicht geplant, hieß es aus der Verbandszentrale. Unverkennbar haben sich die Fronten zwischen den Profis und den Unparteiischen jedoch verhärtet. "Wir werden das beim Runden Tisch am 17. November in München aufarbeiten", kündigte Schiedsrichter-Lehrwart Eugen Strigel an.
VfB-Manager Horst Heldt war nach dem Schlusspfiff bemüht, die erhitzten Gemüter zu beruhigen. "Der Schiedsrichter hatte nicht seinen besten Tag. Aber auch ihm steht es zu, Fehler zu machen. Ich bin froh, dass der Linienrichter beim 2:2 seine Präsenz gezeigt hat", sagte Heldt. Mindestens genauso wichtig war ihm die Reaktion, die sein Team nach dem 0:2 gezeigt hatte. "Wir haben uns nicht ergeben und bis zum Ende eine klasse Moral bewiesen", lobte Heldt.
Wenig erfreut war der Manager über die erneute Verwarnung für Lehmann. "Er ist knapp an einem freien Wochenende. Er hat mir versprochen, dass das nicht passieren wird", sagte Heldt. Trainer Armin Veh zeigte Verständnis für die Emotionen des früheren Nationaltorhüters. "Ich kann verstehen, dass er sich aufregt. Aber es hilft ja nichts. Wenn er so weitermacht, wird er sein Versprechen nicht halten können", meinte Veh.
Ganz andere Sorgen hat sein Frankfurter Kollege, der monatelang auf Christoph Spycher verzichten muss. Der Schweizer Nationalspieler wird wegen eines Knorpelschadens im Knie am Mittwoch operiert. Zu allem Überfluss kassierte Patrick Ochs seine fünfte Gelbe Karte und fällt im nächsten Spiel bei Borussia Dortmund aus. "Es wird immer schwerer für uns. Im Moment brauchen wir jeden Mann", sagte Funkel.